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Der Ort des Treffens der Rechtsextremen wird geheim gehalten.

© picture-alliance/ dpa

Rechtsextremer Elitenzirkel im Berliner Südwesten: Extremisten und Konservative treffen sich zu „Dienstagsgespräch“

Das konspirativ organisierte Treffen soll am 14. Januar in Charlottenburg-Wilmersdorf stattfinden. Auch ein bundesweit bekannter AfD-Politiker ist angekündigt.

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf droht Schauplatz für ein Treffen organisierter Rechtsextremisten zu werden. Denn nahe Hohenzollerndamm Ecke Teplitzer Straße, im Ortsteil Schmargendorf, sollen kommende Woche die „Dienstagsgespräche“ stattfinden. Das ist eine Veranstaltungsreihe, die vom ehemaligen Pressesprecher Hans-Ulrich Pieper organisiert wird und als Scharnier zwischen konservativen und extrem rechten Kreisen gilt. Zuletzt war sie auf Proteste gestoßen – nun plant er eine Neuauflage im Berliner Südwesten.

Wo genau das konspirativ organisierte Treffen stattfinden soll, steht nicht in der Einladung, die dem Tagesspiegel vorliegt. Stattdessen findet sich in dem von Pieper unterzeichneten Schreiben eine Mobilfunknummer und der Hinweis: „Kamerad mit Boxer-Rüde weist den Weg!“ Dass das durchaus ernst gemeint ist, belegen Bilder vergangener Treffen. Sie zeigen Beobachtern zufolge einen der NPD zugehörigen jungen Mann mit Hund an einem in der rechten Szene häufig verwendeten Vortreffpunkte. Diese steuern Interessenten an, um dort den genauen Ort einer Veranstaltung zu erfahren. Wird dieser bereits im Vorfeld bekannt, drohen Proteste oder Interventionen der Sicherheitsbehörden.

Wie eng die in die Organisation der Dienstagsgespräche eingebundene NPD mittlerweile mit Teilen der AfD verflochten ist, zeigt der angekündigte Gast auf der geplanten Veranstaltung. Wolfgang Gedeon, einer der bundesweit bekanntesten Landespolitiker der Alternative für Deutschland, soll dort auftreten. Gedeon hatte in der Vergangenheit mit antisemitischen Aussagen und Theorien von sich Reden gemacht.

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Unter anderem hatte er in einem seiner Bücher den Holocaust als „Zivilreligion des Westens“ bezeichnet und die zentrale Lage des Mahnmals für die ermordeten Juden in Berlin kritisiert. Daraufhin schied er aus der baden-württembergischen Landtagsfraktion aus, es wurden wiederholt Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet. Das alles brachte den Landesverband an den Rand einer Spaltung und setzten den amtierenden AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen gehörig unter Druck. Mitglied der AfD ist Gedeon bis heute, kandidierte außerdem im November für den Bundesvorsitz der Partei – scheiterte jedoch deutlich.

Ein rechtsextremer Elitenzirkel

Die Anhänger der seit 1991 stattfindenden Dienstagsgespräche scheint das ebenso wenig zu stören wie ihren Organisator, Hans-Ulrich Pieper. Ihrem Selbstverständnis nach sind die Dienstagsgespräche „politisch unabhängig“ und legen Wert auf „unkonventionelle, politisch nicht korrekte Meinungen, die unserem Land dienen können“.

Tatsächlich jedoch entwickelte sich das Mitte der 90er Jahre noch mit honorigen Gästen aus Wirtschaft und Politik aufwartende Treffen mehr und mehr in Richtung eines rechtsextremen Elitenzirkels. Zu den Gästen zählten unter anderem die ehemaligen Parteichefs von NPD und der Deutschen Volksunion, Holger Apfel und Matthias Faust. Im vergangenen Jahr war mit Martin Sellner der Kopf der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung eingeladen. Gedeons Vortragsthema lautet: „Ich, die AfD und der Antisemitismus – Politik für Deutschland“.

Unklar ist, ob zu seinen Zuhörern auch Mitglieder der Berliner AfD gehören werden. Foto-Aufnahmen eines im September 2018 abgehaltenen Dienstagsgesprächs belegen die Teilnahme von Andreas Wild. Der war zwar zum damaligen Zeitpunkt bereits aus der Abgeordnetenhaus-Fraktion der Berliner AfD ausgeschlossen worden, gehört der Partei aber weiter an. Wild wurde Mitte Dezember als Beisitzer in den Vorstand des AfD-Bezirksverbands Steglitz-Zehlendorf gewählt.

An dem Abend mit Wild und weiteren Mitgliedern der Berliner AfD im Raum: Der Ex-NPD-Europaabgeordnete Udo Voigt und der Berliner Ex-NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke. Darüber hinaus weitere langjährige Mitglieder der rechtsextremen Szene in Berlin, unter anderem Uwe Meenen und Karl Richter.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes stand, dass das Treffen in Zehlendorf stattfinden würde. Wir haben das korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen.

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