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Ist die Rekommunalisierung großer Netze ein Schlüssel zur Energiewende?

© dpa

Energiepolitik: Rot-Schwarz pokert um das Stromnetz

Die SPD wird sich nicht davon abbringen lassen: Das Berliner Stromnetz soll ab 2015 kommunal betrieben werden. Teilweise jedenfalls.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Wir prüfen diverse Modelle“, sagte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Montag auf der 3. Berliner Klimaschutzkonferenz. Es ginge um eine Beteiligung des Landes zwischen 25 und 100 Prozent. Im Herbst 2013 wollen Senat und Abgeordnetenhaus über die Vergabe eines neuen Konzessionsvertrages entscheiden.

Der Anspruch, die öffentliche Hand an den Versorgungsnetzen zu beteiligen, gilt auch für Gas und Fernwärme. Aber der Fokus der SPD liegt auf dem Strom. Ein gewaltiges Netz, das über 36 000 Kilometer Leitungen 2,3 Millionen Haushalte und Gewerbetreibende versorgt. An 20 Millionen Steckdosen wird in Berlin Strom gezapft. Aus dem Vertrag mit Vattenfall, der Ende 2014 ausläuft, flossen im vergangenen Jahr 145,8 Millionen Euro Konzessionsabgabe in die Landeskasse. Ein elektrisierender Betrag.

Der Koalitionspartner CDU kann sich gut vorstellen, das Stromnetz auch weiterhin privat betreiben zu lassen. Der staatliche Einfluss, um eine „bürger- und unternehmensfreundliche“ Energieversorgung sicherzustellen, sei auch ohne kapitalmäßige Beteiligung des Landes Berlin möglich, beschloss die CDU-Fraktion vor sechs Wochen. Wer ein öffentliches Engagement wolle, müsse sehr genau begründen, welche politischen Gründe dafür sprächen und ein tragfähiges Finanzierungskonzept vorlegen. Die Gespräche zwischen den Fach- und Führungsleuten der Regierungsparteien blieben bisher aber ohne Ergebnis.

Man könnte auch sagen: SPD und CDU haben sich verhakt, weil andere Themen, etwa die Sanierung des ICC oder die Ausschreibung des S-Bahnnetzes, mit ins Spiel gebracht wurden. Die Rechnung der SPD-Fraktionsspitze, noch vor der Sommerpause ein buntes Koalitionspaket zu schnüren, ging aber nicht auf. Die Christdemokraten haben intern signalisiert, dass sie sich die Kommunalisierung des Stromnetzes nicht kurzerhand aufdrücken lassen, nur um endlich das zerbröselnde Kongresszentrum zu retten.

Es ist auch völlig offen, wann sich die Arbeitsgruppe „Daseinsvorsorge“ der SPD-Fraktion auf ein konkretes Beteiligungsmodell für das Netz festlegen wird. „Möglichst schnell“, sagt deren Vorsitzender Daniel Buchholz. Soll heißen: erst nach den Sommerferien. Das ist wohl auch der Grund, warum Senator Müller, der um sein Amt als SPD-Landeschef bangt, derzeit so vorsichtig formuliert. „Wir gucken uns das an“, sagte er und hofft, dass sich die Union einer öffentlichen Beteiligung am Stromnetz „nicht grundsätzlich“ verschließe. Immerhin formulierte Müller auf der Klimakonferenz kritische Fragen: „Was machen wir mit dem Netz, was kostet es, welche Ziele können wir damit realisieren?“

Dagegen betonte Gasag-Vorstandschef Andreas Prohl die „sehr guten Erfahrungen, die Berlin mit privaten Netzbetreibern gemacht hat“. Und Vattenfall-Geschäftsführer Rainer Knauber warnte davor, die Rekommunalisierung als einen „Zauberkasten zur Rettung der Welt“ zu begreifen. Stefan Taschner vom „Berliner Energietisch“ sieht das völlig anders. Die großen Netze seien ein „Schlüssel zur Energiewende“, da müsse sich die öffentliche Hand stark engagieren, dies sei ein bundesweiter Trend. Der Energietisch sammelt seit März Unterschriften für ein Volksbegehren zur Gründung eines Stadtwerks und der kompletten Übernahme des Stromnetzes durch das Land Berlin.

Ein Schnäppchen wäre der Kauf des Netzes allerdings nicht. Erik Landeck, Chef der Vattenfall-Netztochter, bleibt dabei: Der Preis werde „irgendwo zwischen einer und drei Milliarden Euro“ liegen.

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