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Ein elfjähriger Schüler soll zwischen 1997 und 2000 bei einer S-Bahn-Sonderfahrt sowie in einer Wohnung sexuell missbraucht worden sein. Ein 58-Jähriger steht nun vor Gericht. (Foto Illustration)

© dpa/Jens Kalaene

Bei S-Bahn-Sonderfahrt in Berlin: 58-Jähriger wegen mutmaßlichen Kindesmissbrauchs vor Gericht

Ein Mann soll die Begeisterung eines Elfjährigen für die Eisenbahn ausgenutzt und ihn missbraucht haben. 25 Jahre später sitzen sie sich als mutmaßlicher Täter und Opfer gegenüber.

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Der Junge war von Eisenbahnen begeistert. Als Schülerpraktikant arbeitete er in einer Modellbahn-Anlage. Da war er elf Jahre alt. Damals lernte er einen Mann kennen, der wie er ein Bahn-Fan war. Mehr als 25 Jahre später saßen sie sich am Dienstag in einem Prozess wegen Kindesmissbrauchs in fünf Fällen im Gerichtssaal gegenüber.

Der 58-jährige Angeklagte, ein Kaufmann, soll im Verein Historische S-Bahn Berlin aktiv gewesen sein, auch als Begleiter von Sonderfahrten zu Weihnachten und Ostern. Er soll den Elfjährigen zu einer solchen Tour eingeladen, ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut haben.

Ende 1997 oder Anfang 1998 sei es zu einem ersten sexuellen Übergriff gekommen, heißt es in der Anklage. Als der Zug in die dunkle Triebwagenhalle einfuhr, habe M. den Jungen sexuell berührt. In vier weiteren Fällen sei die Wohnung des Angeklagten in Wilmersdorf der Tatort gewesen.

Strafanzeige im Februar 2024

Die Ermittlungen kamen erst Anfang 2024 ins Rollen: Der junge Eisenbahn-Enthusiast, inzwischen 38 Jahre alt, hatte Anzeige erstattet. Im letzten Juli durchsuchten Polizisten die Wohnung von M., es seien drei CDs mit insgesamt 536 kinderpornografischen Fotos gefunden worden.

Der Verein reagierte mit einer Stellungnahme auf seiner Homepage. „Wir sind erschüttert, dass sich eine derartige Tat im Zusammenhang einer Sonderfahrt mit einer historischen S-Bahn ereignet haben soll“, schrieb der Vorstand. Der Angeklagte sei „seit über zehn Jahren nicht mehr im Verein aktiv.“

Schon seit Längerem setzt der Verein nach eigenen Angaben auf verschiedene Maßnahmen, um die Fahrten sicher zu machen. Unter anderem sei die Personalplanung bei Sonderfahrten und Veranstaltungen so gestaltet, „dass Kinder und Jugendliche, die ausnahmsweise nicht in Begleitung eines volljährigen Angehörigen sind, zu keinem Zeitpunkt allein mit einem Vereinsmitglied sind“. Auch aus technisch-betrieblichen Gründen befinde sich deutlich mehr Personal im Zug als noch in den 90er Jahren.

Ob sich M. im Prozess äußern wird, entscheidet sich am zweiten Prozesstag am 6. Mai. Eine Verständigung deutete sich an: Das Landgericht stellte im Fall eines Geständnisses maximal zwei Jahre Haft auf Bewährung in Aussicht, zudem solle M. an den Nebenkläger 5.000 Euro zahlen.

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