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Die Fassade der Pankower Hufeland-Schule gehört zu den unzähligen Beispielen für den Sanierungsstau der Berliner Schulbauten.

© Susanne Vieth-Entus

Marode Schulen und Schülerstreik: Sanierungsstau an Berlins Schulen nimmt gewaltig zu

Charlottenburg-Wilmersdorf gibt einen sieben Mal höheren Sanierungsbedarf an als 2014. Die Zahl führt zu Unstimmigkeiten mit der Senatsverwaltung. Schüler wollen streiken.

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf beziffert den Sanierungsbedarf seiner Schulen auf 368,1 Millionen Euro. Dies ist eine Versiebenfachung gegenüber den Angaben von 2014, als der Bedarf nur geschätzt worden war. Der grüne Bildungsstadtrat Oliver Schruoffeneger hält aber auch die neue Zahl noch für unvollständig, da der „Gebäudescan“, auf dem die Angaben beruhen, elektrische Anlagen, Lüftungs- und Heizungsanlagen nicht berücksichtige.

Dem widersprach die Bildungsverwaltung: Im Scan würden sehr wohl technische Anlagen erfasst, somit auch die genannten Gebäudeteile. "Von einem Schulstadtrat würde ich erwarten, dass er amtliche Dokumente zu lesen imstande ist," kommentierte der Sprecher von Bildungssenatorin Sandra Scheeres, Ilja Koschembar, die Äußerung des Stadtrates. Schrouffeneger hingegen verwies auf das Hochbauamt seines Bezirks: Nach dessen Informationen sollten diese Anlagen nicht im Gebäudescan erfasst werden. Das sei so in der Arbeitsgruppe mit dem Senat beschlossen worden. Das Hochbauamt gehört zum Bereich der Stadträtin Dagmar König (CDU). Der Widerspruch war am Mittwochabend nicht mehr zu klären.

"Ich hoffe, dass nun endlich auch der Senat die notwendigen finanziellen Konsequenzen zieht und die Mittel für die Sanierung der Schulen in Berlin deutlich aufstockt", sagte Schrouffeneger. Selbst wenn die jetzige Bestandsaufnahme nicht vollständig sei, sei immerhin "ein erster Schritt gemacht". Nun sei der Senat am Zuge daraus die richtigen und notwendigen Konsequenzen zu ziehen."

Bisher liegen nur die Ergebnisse aus drei Bezirken vor

Die neue Zahl aus Charlottenburg-Wilmersdorf fügt sich in die Ergebnisse aus Lichtenberg und Reinickendorf, die ebenfalls in dieser Größenordnung liegen. Im Juli sollen die "Rohdaten" aus allen Bezirken vorliegen.

Wie berichtet, erfassen alle Bezirke den Sanierungsbedarf ihrer Schulen. Dies hatte Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD) veranlasst, nachdem vor zwei Jahren die Elternklagen überhand genommen hatten - besonders in Steglitz-Zehlendorf. Es wurde eine AG mit Vertretern der Bezirke und der Senatsverwaltung gebildet, die ein Formular für einen sogenannten Gebäudescan entwickelte. Anhand dieses Formulars sollen alle Schulgebäude und deren Sanierungsbedarf erfasst werden.

Inzwischen gibt es allerdings Zweifel an der Belastbarkeit dieser Daten, weil die Bezirke teilweise nach Aktenlage vorgehen und keine unabhängigen Gutachter durch die Schulen geschickt werden. Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) hatte vor zwei Wochen von einer "Schätzung" gesprochen, aber gewürdigt, dass man immerhin "eine Hausnummer" habe. Eine Akteneinsicht der grünen Bildungspolitikerin Stefanie Remlinger hatte zudem ergeben, dass auch die Senatsverwaltung für Finanzen skeptisch auf die aktuelle Datenerhebung blickt, zumal Zweifel an der Daten.

Inzwischen trat Kleebank aber dem Eindruck entgegen, dass die neuen Zahlen nicht zuverlässig seien. "Das Bezirksamt Spandau verwendet ein Analyseschema, das vom Bezirk Lichtenberg entwickelt worden ist", teilte er mit. Die Senatsverwaltung für Bildung habe der Verwendung dieses Schemas zugestimmt. Darin würden alle bekannten Sanierungsbedarfe erfasst, Flächen ermittelt, gegebenenfalls auch neu berechnet und mit Hilfe von Kennzahlen die finanzielle Größenordnung errechnet. Auch die Kenntnisse der Bauleiter und Hausmeister über die Gebäude flössen ein und - sofern nötig - fänden auch zusätzliche Vor-Ort-Termine statt, um einen Sanierungsbedarf besser einschätzen zu können. Daher werde aus Spandau sehr wohl eine "belastbare Größenordnung" für den Sanierungsbedarf Schule vorliegen.

Am Mittwoch streiken die Schüler gegen marode Schulen

Den Schülern und Eltern dauert das alles zu lange. Der Bezirksschülerausschuss Steglitz-Zehlendorf hat für den 22. Juni zu einem "Schulstreik gegen marode Schulen" aufgerufen: Um 10 Uhr wollen sie vom Rathaus Zehlendorf zum Rathaus Steglitz marschieren. Es ist bereits der zweite "Schulstreik": Im Sommer 2015 hatten sie ebenfalls gegen die Zustände demonstriert. Im März 2015 gab es zudem eine Demonstration des Paulsen-Gymnasiums für neue Toiletten.

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