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Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) musste im Bildungsausschuss Rede und Antwort stehen. (Archivbild)

© Fabian Sommer/dpa

Update

Homosexueller Lehrer erhob Mobbing-Vorwürfe: Berlins Bildungssenatorin Günther-Wünsch verteidigt ihre Zurückhaltung

Ein homosexueller Lehrer berichtet von Mobbing gegen ihn an seiner Schule und beklagt, er sei alleine gelassen worden. Nun nimmt Berlins Bildungssenatorin Stellung zu dem Fall.

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Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat sich am Donnerstag dagegen verwehrt, im Fall des Lehrers an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit, der von Schülern und aus dem Kollegium schwulenfeindlich angefeindet und gemobbt worden sein soll, untätig geblieben zu sein. Sie habe sich zu dem Fall bislang nicht geäußert, „um nicht Gefahr zu laufen, aus Unkenntnis des gesamten Sachverhaltes Forderungen zu erheben oder sogar falsche Tatsachen zu behaupten“, sagte die Senatorin im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Inzwischen liege ihr zu dem Fall aber eine umfassende und sich über mehrere Monate erstreckende Dokumentation vor, sagte Günther-Wünsch. Aus der Aktenlage ergebe sich „eine deutliche Diskrepanz zwischen den in der öffentlichen Berichterstattung dargestellten Vorwürfen zu den gegenüber der Schulleitung, der Schulaufsicht und der Bildungsverwaltung geäußerten Vorwürfen“. Unter anderem seien die Vorwürfe des Lehrers Oziel Inácio-Stech, dass er von Schülern homophob diskriminiert worden sei, nicht „Wesenskern“ des Sachverhaltes, den sein Anwalt gegenüber diesen Stellen vorgebracht habe.

Da sie zu Personal- und Einzelangelegenheiten nicht im Detail Stellung nehmen könne, forderte Günther-Wünsch die Abgeordneten dazu auf, von ihrem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch zu machen. Damit sie anschließend „ernsthaft und fundiert darüber diskutieren können, welche zusätzliche Unterstützung der Carl-Bolle-Schule zukünftig zuteil kommen sollte und welcher Anpassungen es in Strukturen, Prozessen, Zuständigkeiten, Meldewesen bedarf“.

Bildungssenatorin warnt vor Stigmatisierung der Schule

Ausdrücklich wies die Senatorin Vorwürfe zurück, Inácio-Stechs Hilfegesuche seien unbeantwortet geblieben. „Die beschwerdeführende pädagogische Unterrichtshilfe beziehungsweise ihr Rechtsbeistand haben zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten auch ganz unterschiedliche Rechtsgrundlagen bemüht, für die jeweils unterschiedliche Stellen zuständig sind“, sagte Günther-Wünsch.

Alle Stellen hätten die Gesuche auch bearbeitet. Unter anderem sei ein an sie persönlich gerichtetes Schreiben an die zuständige Beschwerdestelle weitergeleitet worden, die es innerhalb von vier Wochen beantwortet habe. Von einem Versagen des Systems könne keine Rede sein, und es liege in Bezug auf die Schule auch keine „massive Beschwerdelage“ vor. „Das weise ich weit von uns“, sagte Günther-Wünsch.

Die Schulsenatorin warnte außerdem vor der „öffentlichen Stigmatisierung der Carl-Bolle-Grundschule“ und „Verallgemeinerungen und Diffamierungen der Schulgemeinschaft“. Die Schule habe sich seit 2021 unter der Leitung der jetzigen Direktorin „auf den Weg gemacht, einen bis dato nicht stabilen Schulstandort zu stabilisieren und weiterzuentwickeln“.

Die Carl-Bolle-Grundschule sei durchaus beliebt, was sich auch daran zeige, dass sich dort momentan fünf Referendare in Ausbildung befänden. Auch werde die Schulleiterin nicht etwa strafversetzt, wie berichtet worden war, sondern habe sich bereits vor Bekanntwerden der Vorwürfe selbst auf einen anderen Schulstandort beworben und verlasse die Schule „innerhalb eines regulären Auswahlverfahrens“.

SPD-Fraktion sieht darin keinen Einzelfall

Marcel Hopp, Bildungssprecher der SPD-Fraktion, sagte dem Tagesspiegel im Nachgang, Günther-Wünschs Antwort stelle ihn nicht zufrieden, „da wir die Einschätzung nicht teilen, diesen Vorfall als einen bedauerlichen Einzelfall zu charakterisieren“.

Die Fraktion sehe „in den mittlerweile zahlreichen Problemmeldungen innerhalb der Carl-Bolle-Grundschule und auch in Schulen darüber hinaus weiterhin ein systemisches Leitungs- und Aufsichtsproblem mit Diskriminierungs- und Mobbingfällen wie diesen“. Günther-Wünsch müsse klare Konsequenzen ziehen „zum Schutz der Betroffenen, zur Stärkung der Aufsicht – und um solche Vorfälle künftig zu verhindern“.

An der Grundschule in Moabit soll ein Lehrer nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein – weil er schwul ist. Er beklagt außerdem Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin.

Seit rund drei Monaten ist er krankgeschrieben. Er kritisierte die Schulleitung, die Schulaufsicht sowie die Bildungsverwaltung und sprach in dem Zusammenhang von einem „kompletten Systemversagen“. (mit dpa)

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