
© Bezirksamt Mitte
Nässe, Schimmel, marode Substanz: Berliner Bezirk will Anna-Lindh-Schule abreißen – trotz Denkmalschutz
Alle Sanierungsversuche waren vergebens: Die Stadträte sehen keine Alternative zum Neubau der Weddinger Grundschule. Das letzte Wort hat der Kultursenator.
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Die Nässe kommt von der Seite und von unten, dringt durch die Bodenplatte und die Wände, bringt Schimmel und Verfall: Das Bezirksamt Mitte sieht keine Alternative zu Abriss und Neubau der Anna-Lindh-Grundschule. Den entsprechenden Bezirksamtsbeschluss haben Baustadtrat Ephraim Gothe und Bildungsstadträtin Maja Lasic (beide SPD) am Donnerstag öffentlich gemacht.
Damit ist klar, dass es einen Konflikt mit dem Denkmalschutz geben wird. Denn das Gebäude gilt als schützenwert: Es entstand auf und aus den Trümmern der zerbombten Stadt und trägt die Formensprache der Fünfzigerjahre.
Das Denkmalamt von Mitte hat bereits sein Votum gegen einen Abriss abgegeben, wie Gothe berichtete. Da der Bezirk beharrt, ist nun Landeskonservator Christoph Rauhut gefragt, der das Landesdenkmalamt leitet. Wenn auch hier keine Einigung erzielt werden könne, müsse Kultursenator Klaus Lederer (Linke) entscheiden, umriss Gothe den Ablauf.
Bisher gehe der Bezirk von einem „Dissensfall“ aus, sagte der Baustadtrat mit Blick auf bisherige Signale. Eine Stellungnahme des Landesdenkmalamtes zum Abrissantrag lag am Donnerstag noch nicht vor.
Zur Eskalation der Lage hatte in diesem Sommer geführt, dass der Schimmel im Gebäude trotz zahlreicher Sanierungs- und Abdichtungsversuche nicht unter Kontrolle zu bringen war. Gothe kennt das Problem: Er hatte vor Jahren vergeblich versucht, das Gebäude des Gesundheitsamts an der Reinickendorfer Straße zu retten. Es musste abgerissen werden. Auch da war Schimmel das Problem, er breitete sich vom Keller in die oberen Räume aus.
Die Finanzierung des Shuttlebetriebs ist noch unklar
So verlief es auch an der Anna-Lindh-Schule: Als immer wieder Schimmelsporen zu messen waren, rieten die Fachleute zur Sperrung, weshalb die Schule zu diesem Schuljahr mit dem Umzug in die ehemalige Air-Berlin-Zentrale in Charlottenburg-Nord begann. Dort sind inzwischen die meisten Klassen untergebracht, während andere Lerngruppen noch im Nebengebäude auf dem Schulgelände in Mitte ausharren.

© Foto: Ephraim Gothe

© Foto: Ephraim Gothe
Längst kämpft die Schule daher mit den Folgen des Umzugs wie der fehlenden Turnhalle am Ausweichstandort und dem Shuttlebetrieb. Über 100 Kinder wurden von den Eltern bereits ganz abgemeldet. Als Nächstes muss sich der Bezirk mit dem Senat einig werden, dass auch der Bus-Shuttle komplett und nicht nur für die unteren Jahrgänge bezahlt wird.
Auch gibt es keine Alternative zur Aufwertung und Anpassung des Air-Berlin-Gebäudes an die Schulbedürfnisse, die Schüler müssen dort in jedem Fall noch lange bleiben: Ein Neubau würde nach Schätzungen des Bezirksamts sechs Jahre dauern, die Sanierung acht Jahre, schätzt Gothe. Angesichts des Berliner Schulplatzmangels kann man nicht alle Kinder auf andere Schulen verteilen. Die Mietkosten gab Gothe mit 6,6 Millionen Euro pro Jahr an.

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Bildungsstadträtin Maja Lasic erinnerte daran, dass Schimmelprobleme an der Anna-Lindh-Schule bereits 2017 aufgetaucht waren. Bis 2021 hatte Lasic’ Vorvorgänger Carsten Spallek (CDU) vergeblich versucht, das Problem zu lösen und war für sein „zögerliches Vorgehen“ von Eltern stark kritisiert worden.
Lasic nannte noch einen weiteren Grund, der gegen Sanierung spricht: Das Hauptgebäude hat nur zwei Stockwerke. Bei einem Neubau könnte man höher bauen und würde so dringend benötigte zusätzliche Schulplätze schaffen: „Es gibt keine Entwarnung bei der Bevölkerungsprognose – vor allem nicht in der Innenstadt“, betonte Lasic.
Einen Vorteil hat die Anna-Lindh-Schule allerdings: Das Geld für Sanierung oder Neubau – mindestens 60 Millionen Euro – ist gesichert. Lasic’ Vorgängerin Stefanie Remlinger (Grüne), jetzige Bürgermeisterin von Mitte, hatte bereits dafür gesorgt, dass die Schule bei den Bezirksinvestitionen im Schulbereich oberste Priorität hat.
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