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„Schule des 21. Jahrhunderts“: Grüne wollen Zahl der Gemeinschaftsschulen in Berlin verdoppeln
Die Opposition nimmt das Thema Gemeinschaftsschulen in den Blick: 50 bis 2031 versprechen nach der Linken nun auch die Berliner Grünen. Die Schulform ist begehrt wie nie.
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Die Berliner Grünen haben sich eine Zielmarke gesetzt: 50 Gemeinschaftsschulen bis zum Jahr 2031 – doppelt so viele, wie es jetzt gibt. „Die Gemeinschaftsschule ist die Schule des 21. Jahrhunderts“, sagte Fachpolitikerin Marianne Burkert-Eulitz am Dienstag im Abgeordnetenhaus. Die Fraktion stellte dort eine sogenannte Potenzialstudie zum Ausbau der Schulform vor.
Die größten Hindernisse für mehr Gemeinschaftsschulen in Berlin sind demnach fehlender politischer Wille sowie der Umstand, dass Schulen, die sich zusammentun, Geld verlieren – weil etwa die Verfügungsfonds der Schulleitungen nicht addiert werden dürfen und eventuelle Fördergelder sich halbieren können, wenn zwei Schulen zu einer werden.
Ein Problem ist auch die geringe Sichtbarkeit der Schulform im Berliner Diskurs: Die Bildungsverwaltung etwa sieht Integrierte Sekundarschulen (ISS) und Gemeinschaftsschulen als eine Schulkategorie. Matthias Sandau von Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS), das die Grünen-Fraktion mit der Durchführung der Studie beauftragt hatte, sagte, die von ihm interviewten Akteure an den Schulen und in der Verwaltung forderten „seit Jahren klare Zielvorgaben, eine feste Anlaufstelle in der Senatsverwaltung und ausreichende Finanzierung“.
Seit Beginn der Pilotphase im Jahr 2008 haben sich in Berlin rund zwei Dutzend Gemeinschaftsschulen etabliert. Warum es nur schleppend mehr werden, zeigt das Beispiel von Miriam Pech, Leiterin der Heinz-Brandt-Schule in Weißensee. Seit mehr als zehn Jahren stelle sie jedes Jahr einen Antrag, ihre ISS durch die Zusammenlegung mit einer Grundschule in eine Gemeinschaftsschule verwandeln zu dürfen, berichtete Pech am Dienstag. Und jedes Jahr lehne der Bezirk Pankow ab – mit der Begründung, es sei „kein Ausbau geplant“. Ein Fehler, glaubt Pech, die schon anlässlich der Schulstrukturreform 2010, als Berlin Haupt- und Realschule zusammenlegte, am liebsten jede Berliner Schule zur Gemeinschaftsschule gemacht hätte – diese ermögliche jedem Kind den „bestmöglichen Bildungserfolg“.
Für die Fraktionsgrünen ist die Gemeinschaftsschule die ideale Schulform, unter anderem weil sie dem aktuellen Stand der pädagogischen Forschung am nächsten komme: langes gemeinsames Lernen, Binnendifferenzierung der Förderung für jedes individuelle Kind, und die Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen. Für Burkert-Eulitz trägt die Aufgliederung der Schulstruktur noch deutliche Merkmale aus dem 19. Jahrhundert, als sie etabliert wurde: „Die frühe Einteilung auf die unterschiedlichen Schultypen verschärft die anhaltende Bildungsungerechtigkeit und setzt Kinder unter Druck.“
„Gemeinschaftsschulen sind ein wichtiger Beitrag für soziales Miteinander“, sagte Louis Krüger, ebenfalls schulpolitischer Sprecher der Fraktion. Der Zeitpunkt, die Schulform zu pushen, ist günstig. Und das nicht nur, weil die Grünen mit einer entsprechenden Kampagne, die im Januar beginnen soll, auch Wahlkampf machen werden – auch die Linke forderte kürzlich eine Verdopplung der Berliner Gemeinschaftsschulen. Der Andrang auf die bestehenden Einrichtungen ist hoch, und ein Viertel aller Kinder mit einer Gymnasialempfehlung besucht in Berlin lieber eine andere Schulform. Vergangenes Jahr gewannen zudem die Wilhelm-von Humboldt-Schule in Pankow und die Friedenauer Gemeinschaftsschule den Deutschen Schulpreis – zwei Berliner Gemeinschaftsschulen zählen damit zu den besten Schulen Deutschlands.
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