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Neues Verfahren geplant: Senat will besseres Schulessen servieren
Die Bildungsverwaltung plant ein neues Verfahren, um das Schulessen zu verbessern: Es soll externe Kontrolleure und ein neues Ausschreibungsverfahren geben. Eltern sollen mehr Einfluss bekommen.
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Beim Schulessen soll künftig nicht mehr der billigste, sondern der beste Caterer zum Zuge kommen. Um einen Preiskampf auf Kosten der Qualität zu verhindern, empfiehlt die Bildungsverwaltung, sich berlinweit auf eine einheitliche Preisspanne oder gar einen Festpreis festzulegen. Die Auswahl würde somit nicht mehr nach dem Preis, sondern nach der Erfüllung der Qualitätsstandards erfolgen. Eine „externe und neutrale Kontrollinstanz“ soll das Ergebnis absichern. Diese Vorschläge enthält ein vertrauliches Papier der Bildungsverwaltung , das dem Tagesspiegel vorliegt und noch im Senat abgestimmt werden muss.
Um in den Schulen eine möglichst hohe Akzeptanz für das Essensangebot zu erreichen, wird den Betroffenen ein stärkerer Einfluss auf die Auswahl des Caterers zugebilligt. Der Bezirk soll sich „faktisch nach dem Votum der Schule" richten, auch wenn er aus rechtlichen Gründen weiterhin die „Letztentscheidung“ hat. Eine große Bedeutung kommt hierbei den Essensausschüssen an den Schulen zu, in denen die Betroffenen eigene Vorstellungen entwickeln und Kontrollen ausführen können.
Die Kontrolle soll ohnehin einen neuen Stellenwert bekommen. „Wir können die Qualität nur aufrechterhalten durch regelmäßige Stichproben und anlassbezogene Kontrollen“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) auf Anfrage. Die neuen externen Kontrolleure sollen – ebenso wie die Essensausschüsse – die Bezirke alarmieren.
Entlastet werden sollen die Bezirke bei den Ausschreibungen. Angesichts der komplizierten EU-Vorgaben fühlen sich etliche Bezirke mit dieser Aufgabe überfordert. „Meine Hoffnung ist es, dass sich alle Bezirke auf eine Linie einigen. Nur wenn die Bezirke an einem Strang ziehen, kann das Schulessen nachhaltig verbessert werden“, ist Scheeres überzeugt.
„Ich begrüße es ausdrücklich, wenn der Senat künftig die Ausschreibungen vornimmt“, sagt die Bildungsstadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Jutta Kaddatz. Eine „gesamtstädtische Steuerung“ sei nötig. Die CDU-Politikerin geht davon aus, dass das Essen pro Mahlzeit rund drei Euro kosten muss, um den Qualitätsansprüchen zu genügen. Diese Ansicht teilt auch die Vorsitzende des Schulausschusses, Renate Harant (SPD). Darüber hinaus ist Harant davon überzeugt, dass „jede Schule selbst entscheiden können muss, welchen Caterer sie wählt.“
So viel zahlen die Eltern für das Schulessen bisher.
Unklar ist noch, wer für die Mehrkosten aufkommt, wenn das Essen um rund einen Euro pro Mahlzeit teurer wird. Bislang zahlen viele Eltern nur pauschal 23 Euro pro Monat, den Rest gibt das Land. Einige Bezirke legen freiwillig noch etwas drauf, um mehr Qualität zu erreichen. Die Überlegung, die Eltern einkommensabhängig stärker zu belasten, ist wegen des hohen Verwaltungsaufwands nicht mehrheitsfähig, wie Pankows Bildungsstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) bestätigte.
Es könnte sein, dass Eltern und Land jeweils pauschal einen Teil der Mehrkosten übernehmen, was aber erst im Doppelhaushalt 2014/15 umsetzbar wäre. Einkommensschwache Familien sollen bei der Finanzierung des Schulessens unterstützt werden.
Die Diskussion um das Schulessen war entbrannt, nachdem die großen Caterer eine Ausschreibung in Friedrichshain- Kreuzberg boykottiert hatten. Es hieß, die Preis- und Qualitätsvorstellungen der Bezirke seien nicht miteinander vereinbar. Dem gab eine Studie Recht, die der Senat in Auftrag gegeben hatte. Weitere Dynamik gewann die Diskussion infolge der bundesweiten Noroviren-Infektion bei Kunden des Caterers Sodexo. Da Erdbeeren aus China die Infektion ausgelöst hatten, fühlten sich jene Eltern bestätigt, die sich für die Verwendung regionaler Produkte einsetzen und deshalb kleine Caterer mit überschaubaren Vertriebswegen fordern.
Sodexo teilte auf Anfrage mit, dass bislang bundesweit nur zwei Kündigungen infolge der Infektion ausgesprochen worden seien. Aus den Berliner Schulen ist zu hören, dass von Kündigungen abgesehen wird, um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Stattdessen warte man auf die nächsten Ausschreibungen, um den Caterer zu wechseln.
In der nächsten Woche will sich der Schulausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem Thema „Schulessen“ beschäftigen. Senatorin Scheeres will dort ihre Überlegungen erläutern. Offen ist noch, wie kontrolliert werden kann, dass die höheren Preise nicht der Gewinnmaximierung der Caterer, sondern der Lebensmittelqualität dienen.
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