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„Wir müssten eigentlich die Schwimmbäder schließen und den Leuten sagen: Ihr müsst jetzt in den See springen, um Gas zu sparen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder am Montag.

© dpa/Jörg Carstensen

Update

Schwimmbäder schließen, um Gas zu sparen?: Parteien und Landessportbund kritisieren IHK-Äußerung zum Energiesparen

Angesichts drohender Gasknappheit muss aus Sicht des Hauptgeschäftsführers der Berliner IHK mehr gespart werden. Sein Vorschlag: Schwimmbäder schließen.

Schwimmbäder schließen, um Gas zu sparen – diese Idee hat der Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder, ins Gespräch gebracht. „Wir müssten eigentlich die Schwimmbäder schließen und den Leuten sagen: Ihr müsst jetzt in den See springen, um Gas zu sparen“, sagte Eder am Montag dem RBB-Inforadio. Anschließend hagelte es Kritik an dem Wirtschaftsfunktionär – von AfD, FDP, SPD, Linke und CDU, aber auch dem Landesportbund (LSB).

„Ich halte nichts davon“, sagte Lars Düsterhöft, Sprecher für Soziales der SPD-Fraktion. „Wir reden da auch über Schwimmkurse.“ Diese seien gerade für Schülerinnen und Schüler wichtig. Auch nach Ansicht von Christian Wolf, Sprecher für Energie der FDP-Fraktion, müssen Schulschwimmen und Vereinssport möglich bleiben. „Denn im Herbst und Winter kann man nicht mal eben in den See springen.“ LSB-Präsident Thomas Härtel sieht das ähnlich: „Gerade das Schwimmen leistet einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge.“

Kritik an Eder kam auch von der AfD. „Wer mitten in der heißen Jahreszeit die Schließung von Schwimmbädern fordert, zeigt, dass ihm die Alltagsbedürfnisse von Normalbürgern vollkommen egal sind“, meinte Ronald Gläser, Sprecher der AfD-Fraktion.

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„Uns ist selbstverständlich bewusst, dass in allen Bereichen Energie-Einsparungen vorgenommen werden müssen“, sagte LSB-Präsident Härtel. Natürlich müsse auch der Sport seinen Beitrag leisten und seine Infrastruktur daraufhin prüfen. Der LSB und alle betroffenen Akteure – auch die Berliner Bäderbetriebe – arbeiteten gemeinsam mit Hochdruck an Maßnahmen, um die schlimmsten Folgen einer drohenden Energiekrise abzuwenden.

Der Pressesprecher der Linksfraktion, Thomas Barthel, wies darauf hin, dass die Bäderbetriebe mit der Senkung der Wassertemperatur schon etwas unternommen hätten. Das bestätigte eine Sprecherin der Berliner Bäderbetriebe: „Wir haben bereits zu Beginn der Sommersaison Anfang Mai die Temperatur in den Sommerbädern um zwei Grad verringert, in den Hallenbädern um ein Grad.“

FDP: Schwimmbad-Schließungen hätten nur geringen Effekt

Nach Einschätzung des Sprechers für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz der CDU-Fraktion, Danny Freymark, gibt es bessere Möglichkeiten, Gas zu sparen. „Nach der langen Pandemie freuen sich die Berlinerinnen und Berliner gerade in diesen heißen Tagen auf Abkühlung. Dieses Vergnügen wollen wir ihnen nicht nehmen“, sagte er.

Nach Einschätzung der FDP-Fraktion hätte die Schließung von Schwimmbädern nur einen geringen Effekt auf den Gesamtgasverbrauch. „Es gibt zielführende Maßnahmen“, sagte Wolf. „So ist eine Reduzierung der Wassertemperatur geeignet, kurzfristig Gas einzusparen. Mittelfristig müssen Investitionen zum Beispiel in Solarthermie oder Photovoltaik den Gasverbrauch reduzieren.“

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Am Ende von Einsparüberlegungen sei man noch lange nicht, sagte Eder im RBB. Er erwarte „noch eine deutlich härtere Zeit.“ Jeder müsse seinen Beitrag leisten. Vom Senat forderte Eder ein Konzept, das die Industrie unterstützt. Wichtig seien „Überbrückung und Unterstützung“. Vor allem müsse die Rechtslage geändert werden, so dass eher generell mehr Energie eingespart werden könne, statt Betriebe abzuschalten. So habe jedes Unternehmen eine Chance, auf dem Markt zu bleiben.

In der Berliner Industrie sind laut IHK etwa 50.000 Arbeitsplätze – rund die Hälfte des verarbeitenden Gewerbes – von der Gasversorgung abhängig. Wenn diese schärfer vom Gasliefermangel betroffen wären, seien die Folgen immens.

„Was für die Wirtschaft und aus Sicht der IHK in Berlin vermieden werden muss, sind die angekündigten Abschaltkaskaden“, sagte Eder mit Blick auf die Belieferung nach Prioritäten, wie sie das Energiesicherheitsgesetz vorsieht. „Was nützt es, wenn mein Badezimmer nach wie vor mollig warm ist, ich aber meinen Arbeitsplatz verloren habe“, sagte Eder. „Jeder muss einen Beitrag leisten.“ (dpa)

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