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War auch schon mal Pinguin: Sven Gulich, Enteisungsmanager in Tegel

© Thilo Rückeis

Wie funktioniert die Stadt? (2): Sein Partner mit der kalten Schnauze

Er arbeitet mit Eisbär, Pinguin und Co.: Sven Gulich managt das Enteisen der Flugzeuge.

Elephant, Eisbär und Pinguin: Nichts geht im Winter ohne sie auf dem Flughafen Tegel. Und Sven Gulich ist so etwas wie der Dompteur. Der 43-Jährige managt das „De-Icing“ beim Bodendienstleister Globe Ground Berlin. Kurz: Er ist für das Enteisen der Flugzeuge zuständig. Dafür braucht er hilfreiche Gefährten. Der „Elephant“, so schreibt er sich tatsächlich, ist ein Enteisungsfahrzeug. Der „Pinguin“ ist ein Mensch, der Kollege, der die Enteisungsflüssigkeit aufs Flugzeug sprüht. Der „Eisbär“ schließlich ist der Koordinator, der die Einsätze steuert. Auch Gulich war schon Pinguin und Eisbär, ehe er Enteisungsmanager wurde. Seit 1991 arbeitet er an den Berliner Flughäfen. Im Korb des „Elephant“ zeigt er, wie der „Steiger“ genannte Sprüharm bedient wird. Drei der 15 Enteisungsfahrzeuge in Tegel haben noch einen offenen Bedienungskorb, in dem der „Pinguin“ auch bei klirrender Kälte im Freien arbeitet. Als Gulich den Job noch machen musste, war er froh, wenn er in der – beheizten – Dachkabine eines der neueren Fahrzeuge arbeiten konnte. Per Joystick lässt sich von dort, aus einer Höhe von 20 Metern, der Sprüharm dirigieren. Von der Kabine aus könnte man sogar das ganze Einsatzfahrzeug, einen schweren Lkw fahren, ohne eigens nach unten an den Lenker zu wechseln. Aber in Tegel sitzt sicherheitshalber immer zusätzlich ein Kollege am Steuer; am alten Flughafen sind die Räume auch auf dem Rollfeld sehr eng. Während die „Nozzle“, das Teil, das die Flüssigkeit versprüht, bei älteren Typen nur bis auf eine Höhe von 13,20 Meter gebracht werden kann, schafft ein neuerer Elephant bis zu 23 Meter. Das reicht, um auch einen Airbus A 380, das größte Passagierflugzeug der Welt, zu enteisen, falls es eines Tages regelmäßig nach Berlin fliegen sollte.

150 Mitarbeiter sorgen für den reibungslosen Ablauf im Winter

Etwa 8000 Liter Enteisungsflüssigkeit fassen ein Elephant; pro Flugzeug können, sagt Gulich, schon 150 Liter ausreichend sein. In Extremfällen, bei viel Schnee und dickem Eis, können auch mal 1000 Liter verbraucht werden. Zehn bis 20 Minuten dauert es normalerweise, ein Flugzeug zu enteisen. Diesen Winter war es schon soweit: Die Premiere fand am 31. Oktober statt. In Tegel wird meist an den Fluggastbrücken enteist, vor den Augen der Passagiere. Das Aircraft De-Icing Fluid (ADF), hauptsächlich Glykol, wird im Fahrzeug mit mit zuvor enthärtetem Wasser gemischt. Welches Mittel verwendet und ob überhaupt enteist wird, entscheidet immer der Pilot. Wie lange die Maschinen nach einer Behandlung eisfrei bleiben, hängt vom Mittel und natürlich vom Wetter ab. Es können durchaus mehrere Stunden sein, manchmal aber auch nur 30 Minuten. Die – zum Teil beheizten – Vorratstanks fassen 274 300 Liter. Der Stoff reicht für zwei Tage. Wenn sich die vollen Vorratstanks um 23 000 Liter Flüssigkeit verringern, erfolgt automatisch eine neue Bestellung. Im Westhafen lagern für Eiszeiten nochmal 500 000 Liter. Ein weiteres Zwischenlager gibt es in Schkopau. Mit Grauen denkt Gulich an den Winter 2010/11 zurück. Damals versank Berlin im Schnee, die Frostperiode dauerte mehrere Monate. Der Hersteller der Spezialflüssigkeit konnte die benötigte Menge nicht mehr produzieren. Damit das nicht wieder passiert, gibt es jetzt eben Zwischenlager; das beruhigt auch Gulich. Einen neuen Schreckenswinter würde er entspannter nehmen.

Auch das schnellste Enteisen bringt ohne geräumte Startbahn nichts. Zuständig ist die Flughafengesellschaft. 50 Spezialfahrzeuge kann sie in Tegel und Schönefeld einsetzen. In diesem Jahr wurden zudem vier neue Kehrblasgeräte angeschafft. Etwa 150 Mitarbeiter sind für den Wintereinsatz eingeteilt. Geräumt werden muss immerhin eine Fläche, die so groß ist wie 470 Fußballfelder. Und wie fühlt Gulich sich, sagen wir: mitten im tiefsten Winter, als Passagier eines eben enteisten Flugzeugs? Die Frage, sagt er, stelle sich nicht. Er fliege sowieso nicht gern – ob Winter oder Sommer.

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