
© dpa/Kay Nietfeld
Senat plant zentrale Steuerung: Berlin will Unterbringung von Geflüchteten neu regeln
Bisher kümmern sich das Land und die Bezirke um die Verteilung von Geflüchteten und wohnungslosen Menschen. Doch das System stößt an seine Grenzen. Nun soll ein neues Gesetz her.
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Der Berliner Senat will die Unterbringung von Geflüchteten und wohnungslosen Menschen in der Stadt in Zukunft stärker zentral steuern. Das geht aus einem Gesetzentwurf der Sozialverwaltung hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ berichtet.
Demnach soll das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten zukünftig auch für die Verteilung von wohnungslosen Menschen in Berlin zuständig sein – zurzeit liegt diese Aufgabe in der Verantwortung der Bezirke. Die Landesbehörde soll in diesem Zuge unbenannt werden in „Landesamt für Geflüchtete und Unterkünfte“. Ziel des Gesetzes sei, die „bislang zergliederte Unterbringungs-, Abrechnungs- und Vertragslandschaft im Bereich der Unterbringung“ neu zu strukturieren.
Bezirke sind auf das LAF angewiesen
Hintergrund der Neuregelung ist, dass die Aufgabenteilung zwischen Land und Bezirken schon seit langem nicht mehr funktioniert. Geflüchtete, die ihr Asylverfahren durchlaufen haben, haben es besonders schwer eine eigene Wohnung in Berlin zu finden und sind daher zunächst oft wohnungslos.
Zuständig für eine Unterbringung dieser Menschen sind die Bezirke, die sich aus Mangel an geeigneten Unterkünften aber häufig wieder das LAF wenden. Rund 12.000 Menschen bringt die Landesbehörde derzeit im Auftrag der Bezirke unter. Künftig soll diese Aufgabe von vornherein bei der Landesbehörde verbleiben.
Zudem heißt es aus der Sozialverwaltung, dass im derzeitigen System Bezirke und Land um Unterkunftsangebote von Privaten konkurrieren und so die Preise nach oben treiben würden. Auch dies soll durch eine zentrale Steuerung verhindert werden.
Die neue Landesbehörde soll sich nicht nur um die Verteilung kümmern, sondern auch für „Errichtung, Betrieb und Schließung von Gemeinschaftsunterkünften für wohnungslose Personen“ zuständig sein. Davon erhofft sich die Senatsverwaltung auch positive Effekte bei der Qualität. Durch eine gesamtstädtische Steuerung sollen „zukünftig einheitliche Qualitätsstandards in Bezug auf Baulichkeit und Betrieb der Unterkünfte für wohnungslose Menschen bei gleichzeitiger Bereitstellung einer Vielfalt an bedarfsspezifischen Unterkünften garantiert werden“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.
Zudem wird explizit geregelt, dass „Unternehmen und Eigenbetriebe des Landes Berlin“ den Betrieb der Unterkünfte übernehmen können. Soweit ein landeseigener Betrieb von Unterkünften nicht in Betracht komme, soll dieser „durch Vergabe öffentlicher Aufträge an kommerziell oder gemeinnützig tätige Unterkunftsbetreibende“ organisiert werden, heißt es in dem Gesetzentwurf, an dem laut Sozialverwaltung auch noch Änderungen möglich sind.
Koalition prüft Aufnahme von Notlagenkrediten
Derzeit bringt das Land Berlin rund 77.000 Menschen unter. Für rund 40.000 davon ist die Landesebene zuständig – in der Regel, weil sich diese Menschen in einem laufenden Asylverfahren befinden. Für rund 37.000 Menschen sind die Bezirke zuständig. Laut Prognosen der Sozialverwaltung wird die Anzahl der unterzubringenden Menschen bis 2028 berlinweit auf 100.000 steigen.
Nicht nur die Bezirke, auch das Land ist mit seinen Kapazitäten für die Unterbringung an der Grenze. Stand Ende Juni waren in den Notunterkünften in Tegel und Tempelhof noch rund 2600 Plätze frei, in den Regelunterkünften des LAF 350. Die Sozialverwaltung rechnet zu diesem Zeitpunkt damit, dass bis Jahresende rund 6700 Asylbewerber und Geflüchtete aus der Ukraine dazu kommen. Langfristig geht sie davon aus, dass 17.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden müssen.
Auch die Finanzierung der Unterbringung ist noch unklar. Regierungschef Kai Wegner (CDU) fordert seit langem mehr Unterstützung vom Bund. Zeitgleich haben CDU und SPD signalisiert, die Kosten der Unterbringung über Notlagenkredite, die den aktuellen Haushalt nicht direkt belasten würden, zu finanzieren. Derzeit prüft die Senatsfinanzverwaltung, wie die Begründung einer solchen Notlage lauten könnte, um mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse in Einklang zu stehen.
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