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Eigentlich preisgekrönt - und trotzdem vom Abriss bedroht. Das ICC am Messegelände.

© Mike Wolff

Berlin-Charlottenburg: Senat will ICC erst mal nur von Asbest befreien

Im ICC soll der Kongressbetrieb wiederaufgenommen werden - irgendwann. Neue Idee: Erst mal sollen nur die Giftstoffe raus.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Für das Berliner Congress Centrum (ICC), in dem seit Herbst 2015 Flüchtlinge leben, gibt es eine neue Idee. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hat koalitionsintern vorgeschlagen, das markante Gebäude am Messedamm erst einmal nur von Schadstoffen zu befreien. Die Verwaltung prüft schon entsprechende Pläne. Nach bisherigen Schätzungen wird die Beseitigung von Asbest und anderen gesundheitsschädlichen Baustoffen 65 Millionen Euro kosten.

In einem Gutachten, das von der Gesellschaft für ökologische Bautechnik in Berlin (GfÖB) bereits 2010 angefertigt wurde, sind rund 6000 Asbest-Fundstellen dokumentiert. Die Sanierung von 300 Fundstellen wurde als besonders dringlich eingestuft, in den öffentlich zugänglichen Bereichen wurde der Asbest in den letzten Jahren auch schon beseitigt.

Weil die meisten Schadstoffe in den völlig veralteten haustechnischen Anlagen einschließlich des Brandschutzes verbaut sind, stellt sich allerdings die Frage, ob eine Asbestsanierung ohne gleichzeitige Erneuerung der Gebäudetechnik überhaupt sinnvoll wäre.

Der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung, Sven Siebert, bestätigte am Mittwoch, dass es Gespräche über das Thema gebe. „Entschieden ist aber noch nichts.“ Auch Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen sagte, dass es ein „Vorhaben der Fachverwaltungen“ gebe, die Schadstoffe im ICC zu entfernen. Der SPD-Wirtschaftsexperte Jörg Stroedter hält dies für „einen guten Ansatz“, um das ICC doch noch als Kongressstandort zu retten.

Pläne von 2015 vom Tisch

Aber die Pläne, die der Senat im Sommer 2015 beschloss, sind auf lange Sicht vom Tisch. Eigentlich sollte das ICC ab 2018 mit öffentlichen Mitteln teilsaniert werden, um binnen vier Jahren 10.000 Quadratmeter Fläche wieder für den Kongressbetrieb nutzbar zu machen. Anschließend sollten private Investoren einbezogen werden.

Eine solche öffentlich-private Mischnutzung des ICC will Rot-Rot-Grün zwar im Auge behalten, aber das ist ein wolkiges Projekt für die ferne Zukunft. Vordringlich ist für den Senat die Sanierung und Modernisierung des benachbarten Messegeländes, dessen Hallen und Veranstaltungstechnik in die Jahre gekommen sind. Die Runderneuerung soll 15 Jahre dauern und 450 Millionen Euro kosten. „Das können wir allein nicht stemmen“, sagt der Sprecher der Messe GmbH, Emanuel Höger.

Zumal das landeseigene Unternehmen gerade für 55 Millionen Euro eine weitere Halle baut. Den größten Teil übernimmt die Messe, nur 7 Millionen Euro zahlt der Senat. Der Multifunktionsbau wird voraussichtlich Anfang 2019 fertig. Die 10.000 zusätzlichen Quadratmeter sind auch als Ausweichfläche nötig, um das gesamte Gelände rund um den Funkturm ab übernächstem Jahr schrittweise sanieren zu können, ohne wichtige Veranstalter zu verlieren.

Die Messe soll das Projekt weitgehend selbst finanzieren. Die erste Baustufe, die 240 Millionen Euro kostet, wird in jedem Fall auf Pump realisiert. Um die Kreditwürdigkeit der Messe zu sichern, stellt der Senat im neuen Landeshaushalt 25 Millionen Euro für den Kauf von Grundstücken zur Verfügung, die von den Banken als Sicherheit genutzt werden könnten. Es sind aber noch viele Rechtsfragen zu klären.

Berlin übernimmt Asbestsanierung

Das ICC spielt bei diesem Konzept für die Ertüchtigung des Messegeländes keine Rolle. Um es doch noch zu retten, greift der Senat auf die Erfahrungen mit dem Steglitzer Kreisel zurück. Das asbestverseuchte Hochhaus im Süden Berlins stand zehn Jahren leer. Erst nach vielen gescheiterten Versuchen, es neu zu nutzen oder zu verkaufen, entschloss sich der Senat, die Schadstoffe auf Landeskosten beseitigen zu lassen.

Jetzt wird der Kreisel von einem Privatinvestor zum Wohnturm umgebaut. Auch für das ICC soll parallel zu einer Asbestsanierung, die das Land Berlin übernimmt, nach privaten Partnern gesucht werden, um dem Berliner Wahrzeichen neues Leben einzuhauchen – irgendwann.

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