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Sie legte 60.000 Kilometer zu Fuß zurück: Berlins Marathon-Wanderin gibt Tipps fürs Wanderglück
Christine Thürmer gilt als „meistgewanderte Frau der Welt“. Jetzt erzählt sie, worauf es unterwegs ankommt – und warum man nicht zur Selbstfindung aufbrechen sollte.
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Sie gilt als „meistgewanderte Frau der Welt“, hat nach eigenen Angaben 60.000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Aber von Trips zur Selbstfindung rät sie ab. „Es ist nicht die Frage, ob Sie unterwegs Probleme bekommen. Sondern nur, wann“, sagte Christine Thürmer jetzt im Interview der „Welt am Sonntag“. Wer gerade arbeitslos geworden sei oder eine Trennung verarbeiten müsse, werde eine Tour bei weiteren Problemen wie Blasen an den Füßen oder schnarchenden Mitbewohnern eher abbrechen.
Zugleich erlebe sie das Glück unterwegs „total direkt und total körperlich“, sagte die Langstreckenwanderin und Sachbuchautorin. Beim Wandern komme das Glück unmittelbar: „Über eine Gehaltserhöhung freut man sich auch – doch bis die umgesetzt ist, dauert es. Diese Verzögerung, die nimmt etwas vom Glück.“
Damit andere, die weniger Wandererfahrung haben, bei ihren Touren auch Glück empfinden, gab die 55-Jährige einige Tipps. „Die meisten laufen zu schnell“, erzählte Thürmer etwa zur Frage des richtigen Tempos. Sie selbst „dackele gemütlich mit zwei bis drei Stundenkilometern durch die Gegend“. Die Kunst sei nicht, 30 Kilometer an einem Tag zu schaffen – sondern, dies jeden Tag wieder zu tun.
Einen möglichst leichten Rucksack betrachtet Thürmer auf weiten Strecken als „entscheidenden Erfolgsfaktor“. Sie selbst schneide sogar den Stiel ihrer Zahnbürste ab und entferne Etiketten aus der Kleidung. „Der große Luxus ist nicht das, was du dabei hast, sondern das, was du nicht tragen musst.“
Die Landschaft? Ist beim Wandern oft überbewertet
Vor dem Aufbruch rät Thürmer, sich selbst zu fragen, warum man wandert. Manche wollten einen speziellen Platz erreichen; andere ein Lager aufschlagen und grillen. Und dann gebe es Menschen wie sie, „die wandern, um zu wandern“. Dabei gilt es auch, nicht mit überzogenen Erwartungen zu starten.
Nach Thürmers Erfahrung wird die Landschaft überbewertet. Sie entspreche eher der Kulisse im Theater: „Die ist schön und wichtig. Aber wenn das Stück, die Schauspieler und der Regisseur nicht gut sind, gehen Sie trotzdem zur Pause nach Hause.“ In Erinnerung blieben dagegen Begegnungen mit Menschen und Momente, „in denen Sie sich durchgebissen haben“. Sie empfehle daher Routen, „wo man wirklich noch Entdecker sein kann“, zum Beispiel in Osteuropa.
„Man lernt beim Wandern die vermeintlich kleinen Dinge mehr zu schätzen“, sagte Thürmer. Als Beispiel nannte sie eine Dusche, „wenn Sie verschwitzt sind, so richtig paniert mit einer Dreckschicht aus Sonnencreme, Schmutz und Schweiß“.
Ende Februar ist Thürmers neues Buch erschienen: „Auf 25 Wegen um die Welt“. Kann man nach so vielen Kilometern unterwegs noch behaupten, dass sie in Berlin lebt? (Tsp, KNA)
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