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Sechs Buchstaben und ein Haufen Probleme - immer wieder.

© Arno Burgi/dpa

Fokus auf Mathe und Deutsch, besserer Unterricht: So will der Expertenrat die Berliner Schulen reformieren

Empfohlen wird auch die Abschaffung des Mittleren Schulabschluss an Gymnasien und die Reform der Schulinspektion. Der komplette Bericht ist im Text verlinkt.

Eines machte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gleich zu Anfang deutlich: „Am Geld liegt es nicht.“ Nach Hamburg gibt Berlin im Bundesvergleich am meisten Geld aus.

Was können wir tun?, lautete deshalb die Ausgangsfrage am Mittwoch, als die von Scheeres beauftragte Expertenkommission ihre mit Spannung erwarteten Ergebnisse vorlegte.

„Wir haben in einem Umfang das Bildungssystem angesehen wie in keinem anderen Bundesland“, sagte der Kieler Bildungsforscher Olaf Köller, bevor er seine Vorschläge unterbreitete. Es sprach Scheeres ein „großes Kompliment“ dafür aus, dass sie sich derart umfangreich habe „in die Karten schauen lassen“. Das sei „risikoreich“ gewesen.

Der klare Auftrag: Empfehlungen mit dem Fokus auf die Schüler zu machen. Insbesondere sollte es darum gehen, den Anteil der Schüler ohne Abschluss zu reduzieren und die Leistungen in Mathematik und Sprache zu verbessern.

„Warum gelingt es trotz der großen Anstrengungen nicht, die Ergebnisse zu verbessern?“, referierte Köller die Ausgangsfrage. Eine erste Antwort: Es wird nicht genügend verbindlich festgelegt, was bei einem Programm herauskommen soll.

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Es werde viel Geld ausgegeben, aber die Verbindlichkeit für das Erreichen der Programmziele reiche nicht aus. „Am Ende des Tages muss man sich um den Unterricht kümmern“, lautet Köllers Prämisse.

Den vollständigen Bericht können Sie hier herunterladen.

Die Empfehlungen der Kommission im Überblick:

  • In den Kitas muss die Sprachförderung und die Vermittlung mathematischer Vorstellungen so verbessert werden, dass eine „verbindliche Förderung schulnaher Fähigkeiten“ möglich ist.
  • Weg von der Geldverteilung „mit der Gießkanne“. Stattdessen sollen Kitas und Schulen mit besonders schwierigen Bedingungen gezielt gefördert werden.
  • Der Personalschlüssel in den Kitas soll verbessert werden.
  • Die Schulinspektion soll sich mehr auf die Schulen konzentrieren, die Probleme haben: Sie soll insbesondere den Unterricht von außen beurteilen. Die Schülerleistung soll eine höhere Bedeutung bekommen beim Urteil der Schulinspekteure.
  • Die Zahl der Klassenarbeiten kann beibehalten werden. Die Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss (MSA) sollten an Gymnasium nur freiwillig geschrieben werden.
  • Mehr Verbindlichkeit, diejenigen Schüler gezielt zu fördern, die besondere Leistungsschwächen haben. In den elften Klassen soll es Lernstandserhebungen geben, um den Nachholbedarf besser feststellen zu können.
  • Es treten zu viele Schüler in die gymnasiale Oberstufe ein, deren Leistungen nicht gut genug sind. Um sie „zu ertüchtigen“, sollen die Hauptfächer in den Klassen 9 und 10 nicht mehr fachfremd unterrichtet werden, sondern von Lehrern, die die Fächer auch studiert haben. Mit der Note 5 in einem Hauptfach soll der Wechsel in die gymnasiale Oberstufe nicht mehr möglich sein.
  • Die Ausbildung der Referendare soll mit der Fort- und Weiterbildung der Lehrer und dem Zentrum für Sprachbildung sowie der iMint-Akademie in einem Landesinstitut zusammengeführt werden. Die Kommission beruft sich auf das Vorbild Schleswig-Holstein, Hamburg und Baden-Württemberg.
  • An den Universitäten sollen gezielt Professoren für die Lehrerbildung berufen werden.
  • Diagnostik und Förderkompetenzen in Deutsch und Mathematik sollen ein stärkeres Gewicht im Lehramtsstudium bekommen: „Die Lehramtsausbildung soll konsequent am Professionalisierungsbedarf künftiger Lehrkräfte ausgerichtet werden“, heißt es dazu.
  • Eine Bildungskommission für Berlin soll eingesetzt werden, um die Bildungsverwaltung zu begleiten. Die Bildungsverwaltung soll außerdem reorganisiert werden.

Die Schulinspektion solle sich auf Problemschulen konzentrieren, erläuterte die FU-Professorin Felicitas Thiel. Darüber hinaus solle es aber auch möglich sein, dass Schulen die Inspekteure „anlassbezogen und freiwillig“ anfordern.

Die Bildungssenatorin kündigte an, diesem Vorschlag offen gegenüber zustehen. Das gleiche gilt für etliche andere Kommissionsempfehlungen - selbst für die Abschaffung des MSA an Gymnasien.

Die Hürden zum Abitur in Berlin wurden abgesenkt. Das soll anders werden, empfiehlt die Kommission.
Die Hürden zum Abitur in Berlin wurden abgesenkt. Das soll anders werden, empfiehlt die Kommission.

© picture alliance / dpa +++ dpa-Bildfunk

Berlins Ausgangslage

  • Die Anzahl der Schüler ohne Abschluss die Schule verlassen, ist deutlich höher als im Bundesdurchschnitt und liegt bei 7,2 Prozent. In den Vorjahren lag die Zahl deutlich höher, betonte Scheeres.
  • Nach dem IQB-Bildungstrend 2018 erreichen 33,9 % der Berliner Schüler den Mindeststandard in Mathematik nicht, im Vergleich zu 24,3 % im Bundesdurchschnitt.
  • Der IQB-Bildungstrend 2016 verzeichnet für Berliner Viertklässler 20%, die den Mindeststandard in Deutsch nicht erreichen, verglichen mit bundesweit 12,5 Prozent der Schüler.

Die Expertenkommission

Der Expertenkommission gehören neben dem Erziehungswissenschaftler und Psychologen Köller sieben weitere Wissenschaftler an, die jeweils die Expertise ihrer Fachrichtungen beisteuern, wie etwa Michael Becker-Mrotzek für die Deutsch-Didaktik.

Als Berater und Moderator des Gremiums wurde der Hamburger Staatssrat a. D. Michael Voges (SPD) verpflichtet, der eng mit Köller zusammenarbeitet. Bei den sechs weiteren Experten handelt es sich um Felicitas Thiel und Yvonne Anders (beide Freie Universität), Susanne Viernickel (Universität Leipzig), Susanne Prediger (TU Dortmund) und Kai Maaz (Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation). 

Den Experten arbeitete zudem eine „Praxiskommission“ mit Vertretern der Eltern-, Schüler- und Lehrerschaft sowie der GEW zu, außerdem die Unternehmensverbände und der Dachverband der Kinder- und Schülerläden.

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