Berlin: Soll die Biotonne in ganz Berlin zur Pflicht werden?
Eigentlich sind wir Deutschen doch vorbildliche Mülltrenner. Über unsere verschiedenen bunten Tonnen – gelb, blau, grau – und die diversen Glascontainer wird im Ausland gerne gespottet.
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Eigentlich sind wir Deutschen doch vorbildliche Mülltrenner. Über unsere verschiedenen bunten Tonnen – gelb, blau, grau – und die diversen Glascontainer wird im Ausland gerne gespottet. Nur mit einer Tonne tun wir uns schwer: mit der braunen für Biomüll. Die wird schon seit Jahren mit immer gleichen Argumenten bekämpft. Stinkt, zieht Ungeziefer an, bringt nichts. Wenn die Tonne richtig befüllt wird und nicht in der prallen Sonne steht, dann stinkt sie auch nicht und die Ratten bleiben fern. Natürlich ist es sinnvoll, den Bioabfall flächendeckend zu sammeln, da man ihn gut verwerten kann. Jeder Kleingärtner weiß, was aus den Abfällen von Obst und Gemüse Wertvolles werden kann. Guter Kompost nämlich. Und Eigenheimbesitzer und Hausgemeinschaften sollen auch künftig von der Pflicht zur Biotonne befreit werden können, wenn sie selbst Komposthaufen anlegen. Das Problem ist, dass das Sammeln des Biomülls kostet und die BSR aus ökonomischen Gründen kein Interesse daran hat. Schon heute verzichtet sie darauf, in jenen Mietshäusern die Tonnen aufzustellen, deren Bewohner zu unwissend oder zu renitent sind, um ihre organischen Abfälle zu trennen. Und diese Haushalte werden auch noch belohnt, indem sie von den Gebühren für Biomüll befreit sind und deswegen weniger zahlen. Das darf es nicht sein. In Zeiten, in denen wir die Klimakatastrophe vor Augen haben, müssen wir unser Müllproblem so klein halten wie möglich. Das Umweltbewusstsein muss über betriebswirtschaftlichen Erwägungen stehen.
Achtzig Prozent der Berliner haben seit Jahren eine Biotonne vor der Tür. Hinein werfen sie jährlich 50 000 Tonnen Biogut. Die restlichen 20 Prozent der Berliner sollen jetzt zwangsangeschlossen werden. Die Müllmenge soll laut der rot-roten Biotonnenfans auf 100 000 Tonnen steigen. Dabei hat der Zwangsanschluss nur Nachteile: Er kostet viel Geld. Jeden Häuschenbesitzer zum Beispiel etwa 80 Euro im Jahr. Die Tonne kostet auch jeden Berliner Geld. Denn die Biomüllgebühren sollen pro Kopf um drei Euro steigen – weil die Abfuhr in den Außenbezirken zehnmal mehr kostet als in der Innenstadt. Der Rechnungshof hatte schon vor Jahren gefordert, den Irrsinn abzuschaffen – und da ging es um die billige Abfuhr in der Innenstadt. Das alles interessiert die Biotonnen-Beglücker nicht. Auch nicht, dass viele Lastwagen sehr viele Kilometer fahren müssen, um aus der letzten Dorfstraße ein paar Tonnen abzuholen. Außer Krach und Abgasen bringt das nicht viel. Oder doch: Gestank. In heißen Sommern ist die Geruchsbelästigung so stark, dass keiner den Deckel mehr öffnen mag aus Angst vor einer Schimmelpilzexplosion, der dann eine Flut kleiner weißer Tierchen hinterherkrabbelt. Nur Ratten finden das nicht ekelhaft. Aber auch das soll besser werden, versprechen die Fans der braunen Tonne: mit speziellen Filtern, die irgendwie in den Deckel eingebaut werden – und dann regelmäßig zu wechseln sein werden. Kein Wort ist zu hören, was das wieder kostet. Der braune Unfug gehört abgeschafft, und zwar überall. Jörn Hasselmann
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