
© dpa/Sebastian Christoph Gollnow
SPD legt Veto ein: Berliner Verwaltungsreform gerät ins Straucheln
Endlich weg vom Behörden-Ping-Pong: Der Zeitplan für das wichtigste Vorhaben von Regierungschef Kai Wegner ist eng. Nun, kurz vor der Ziellinie, gerät die Verwaltungsreform ins Wanken.
Stand:
Die Reform der Berliner Verwaltung ist das zentrale Vorhaben der schwarz-roten Regierungskoalition: Chronische Behörden-Blockaden sollen aufgelöst und der Bürgerservice verbessert werden. Weg vom leidigen Behörden-Ping-Pong, hin zu einer leistungsfähigen Verwaltung, die dem Anspruch der funktionierenden Stadt gerecht wird.
Nun kommt das von Regierungschef Kai Wegner (CDU) persönlich zur „Chefsache“ erklärte Vorhaben kurz vor der Ziellinie ins Straucheln. Tagesspiegel-Informationen zufolge hat die SPD an mehreren Stellen ihr Veto gegen den zuvor in mühseliger Arbeit ausgehandelten Vorschlag für Verfassungsänderungen und das sogenannte Landesorganisationsgesetz eingelegt. Sie hält beides in der vorgelegten Form für „nicht mitzeichnungsfähig“.
Keine Einigung in Sachen Einigungsstelle
Konkret richten sich die „grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Vorbehalte“ der SPD-Senatsverwaltungen gegen die Pläne für eine sogenannte Einigungsstelle. Sie soll bei „Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat und Bezirken“ angerufen werden können und über die Aufgabenverteilung oder Zuständigkeiten zwischen Haupt- und Bezirksverwaltungen entscheiden. Auch Finanzierungsfragen sollen in der paritätisch von Senats- und Bezirksvertretern zu besetzenden Einigungsstelle geklärt werden. Den Vorsitz soll dem Vernehmen nach entweder die Präsidentin des Landesrechnungshofs oder der Präsident des Oberverwaltungsgerichts übernehmen.
Strittig ist die Frage, wie verbindlich die Einigungsstelle entscheiden soll. Die SPD fordert, im Zweifel müsse der Senat das letzte Wort haben und eine Entscheidung der Einigungsstelle überstimmen können. Der aktuell vorliegende Entwurf des Landesorganisationsgesetzes wiederum sieht ein solches Letztentscheidungsrecht des Senats nur dann vor, „wenn der Umsetzung des Beschlusses (der Einigungsstelle) rechtliche Gründe entgegenstehen“. Die Einschränkung hatten dem Vernehmen nach die Grünen durchgesetzt, auf deren Stimmen CDU und SPD für die angestrebte Verfassungsänderung angewiesen sind.
Streitpunkt Bezirksfinanzen
Ein weiterer Streitpunkt ist die geplante Regelung zur Finanzierung der Bezirke, wenn diesen zusätzliche Aufgaben übertragen werden – das sogenannte Konnexitätsprinzip. Weil im aktuellen Entwurf für die Verfassungsänderung die Begrenzung fehlt, dass den Bezirken lediglich dann zusätzliche Gelder aus dem Landeshaushalt zustehen, wenn Senat oder Abgeordnetenhaus neue öffentliche Aufgaben geschaffen haben, lehnt die SPD eine Mitzeichnung ab.
Das Land könne nicht finanziell dafür in Haftung genommen werden, wenn auf Bundes- oder Europaebene neue Aufgaben für Bezirke beschlossen würden, heißt es zur Begründung etwa mit Blick auf das jüngst vom Bund beschlossene Cannabiskonsumgesetz. Tatsächlich war die von der SPD geforderte Begrenzung Bestandteil einer ersten, im Dezember vom Senat beschlossenen Vorlage. In der aktuellen Fassung fehlt sie, weshalb die SPD verfassungsrechtliche Bedenken geltend macht.
Völlig unklar ist, ob sich die Vorbehalte in den verbleibenden Tagen bis zum geplanten Senatsbeschluss am 1. April werden auflösen lassen. Nach dem Willen Wegners sollte das Reformvorhaben inklusive der vorgeschlagenen Verfassungsänderungen dann ein zweites Mal vom Senat beschlossen werden. Für den 10. April war die erste Lesung im Abgeordnetenhaus vorgesehen.
Ist der 1. April nicht zu halten, droht dem Projekt eine langwierige Verzögerung. Ferien- und feiertagsbedingt fallen sechs Wochen lang die Plenartage aus, die erste Lesung könnte dann erst am 22. Mai stattfinden. Für die zweite Lesung blieben dann noch drei Plenartage vor der Sommerpause übrig.
Danach gilt eine Verabschiedung des Reformvorhabens – benötigt werden Stimmen von Grünen und möglicherweise auch Linke – wegen des dann einsetzenden Wahlkampfs für die Abgeordnetenhauswahl 2026 als unwahrscheinlich. Wegner bliebe ein historischer Erfolg verwehrt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: