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Italo-Westernheld Bud Spencer: Idol aus Kindheitstagen

Sie nannten ihn Mücke. Oder einfach Bud. In Berlin stellte der Schauspieler seine Biografie vor - aber unter seinem echten Namen.

Carlo Pedersoli ist nie allein unterwegs. Egal, wo er auftaucht, ist ein anderer schon da. Und während Carlo Pedersoli meist nur bei Liebhabern alter Sportalmanache oder italienischen Olympia-Berichterstattern der 50er Jahre echte Wertschätzung genießt, ist dieser andere noch immer ein Star. Auch jetzt im Regent im Hotel in der Charlottenstraße ist das wieder so.

Carlo Pedersoli tritt, langsam, in zähen Schritten durch eine verspiegelte Tür in einen hellen Raum. Doch die Fotografen wollen nur einen: „Bud“, schreien sie. „Bud hier rüber!“ Carlos Pedersoli steht stoisch im Blitzlichtsturm. Er lächelt, sagt dann auf Deutsch: „Danke sehr, Danke schön.“ Willkommen in Berlin, Herr Spencer. Carlo Pedersoli lächelt wieder. Er kennt das ja. Diesen Bud Spencer wird er in diesem Leben nicht mehr los. Besonders zu stören scheint es ihn allerdings nicht. Und ohnehin ist der 81-Jährige schließlich gerade deshalb in dieser Woche nach Berlin gekommen. Um seine Autobiografie vorzustellen: „Bud Spencer. Mein Leben, meine Filme“.

Es ist die Rolle seines Lebens, und das, obwohl dieses Leben eigentlich Stoff für mehrere Biografien liefern könnte. Denn bevor Pedersoli in der Charaktermaske des Haudrauf-Onkels aufgegangen ist, hatte er als Schwimmer bereits zwei Olympische Spiele hinter sich. 1952 in Helsinki, 1956 in Melbourne. Pedersoli hat Jura studiert, gesungen, geschrieben. Stets rastlos, ein Marodeur, der lebte, als ginge es darum, Bonusmeilen für den letzten Flug zu sammeln.

Seine Berühmtheit aber verdankt er der Kunstfigur Bud Spencer und den Filmen, mit denen er den Django-Western Leones in eine familiengerechte Karikatur verwandelte. Bud Spencer hat sich auf diese Weise ins kollektive Gedächtnis geprügelt. Der ikonografische Vollbart, das fleischige Gesicht, sein massiger Körper gehören zur rückwärtsgewandten Erinnerungskultur der Generation Neon wie Alf, Mr. T oder Columbo.

Deshalb erfüllt nun auch die kindliche Anspannung den kleinen Saal im Regent. Journalisten, Fotografen, Autogrammjäger bilden ein Spalier für den Helden ihrer Jugend. Ihre Augen glänzen, während Pedersoli einfach nur dasteht. Erwachsene, sozialisiert durch das Fernsehen und Kino der 80er Jahre. Einer lässt eine Spencer-Marionette tanzen, schwarzer Anzug, noch dichtes schwarzes Haar. Die Holzfigur als junger Mann. Und auch zwei ältere Herren sind da, die Bud Spencer schon damals getroffen haben, „als noch nicht so viel Rummel war“. Auch für sie ist Bud Spencer eine Projektionsfläche der eigenen Nostalgie. Der Mann, den sie einst Mücke nannten, lässt sich derweil auf einen der Stühle fallen.

Neben ihm sitzt einer vom Verlag, der aussieht wie der späte Steven Seagal und will ein paar Fragen stellen an diesem, wie er sagt, „magischen Tag“, an dem sein Idol nach Berlin gekommen ist. Pedersoli unterbricht ihn: „Idole gibt es nur im Himmel.“ Er lauscht seinen Worten nach, lässt seinen Blick über die Stuhlreihen wandern und sagt: „Ich freue mich hier zu sein. Als Carlo Pedersoli.“ Seine Stimme, in der auch die Erinnerungen an eine Kindheit in den Gassen Neapels mitschwingen, lässt ihn wie einen Paten wirken. In seinem Gesicht aber liegt die Offenheit eines in Gutmütigkeit gealterten Clowns. Das Italienische perlt langsam von seinen Lippen. Und auf Nachfrage des Verlags Seagals beginnt Pedersoli, nun wieder als Bud Spencer, seine Geschichte zu erzählen. Ein Leben als Aneinanderreihung prominenter, längst bekannter Anekdoten. Es klingt wie eine Inhaltsangabe des Buches. Terence Hill. Er Schauspieler, ich nicht. Die Entstehung des Künstlernamens. Budweiser und Spencer Tracy.

Die Zuschauer sind von einer ausgelassenen Disney-Club-Stimmung ergriffen. Männerhände applaudieren, Frauenstimmen kichern. Pedersoli singt noch eine Strophe seinen neuen Liedes, sagt, „wenn du älter wirst, scheiß’ erst recht drauf“, verabschiedet sich dann. „Danke sehr. Auf Wiedersehen“, er geht ab. Auf einen Stock gestützt, durch die verspiegelte Tür.

Zurück bleiben die beiden älteren Herren, die dem Puppenspieler nun ein Foto zeigen. Von damals. Zoo-Palast. Bud Spencer als junger Mann. Er sieht der Marionette erschreckend ähnlich.

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