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© Andy Earl

Fotografie: Ungeschminkt

Andy Earl fotografierte den legendären Johnny Cash. In Prenzlauer Berg stellt er nun sein neues Buch vor.

Gewitterwolken ziehen auf, und für einen Moment legt sich der Wind. Wie ein Fels steht der Mann mit den schwarzen Haaren, dem schwarzen Mantel und dem schwarzen Gitarrenkoffer vor den Weizenähren. Plötzlich trotten zwei Hunde herbei und lassen sich rechts und links von ihm nieder. Das ist der Augenblick, in dem Andy Earl an einem Spätsommertag des Jahres 1994, 70 Kilometer vom australischen Melbourne entfernt, auf den Auslöser drückt und Johnny Cash, den „Man in Black“, für das Cover seines gefeierten Comebackalbums „American Recordings“ ablichtet.

„Dieser Moment war perfekt und einfach magisch“, sagt Earl. Der Fotograf ist an diesem Tag in Berlin, um seinen großformatigen Bildband „Johnny Cash. Fotografien von Andy Earl“ vorzustellen, es ist Earls erster Besuch in der Stadt. „Und auch wenn ich leider nur wenige Stunden Zeit habe für einen kleinen Spaziergang in Berlin – meine Kamera habe ich dabei“, sagt er. Obwohl er um vier Uhr morgens in London aufgestanden ist, um am Vormittag im Verlagsbüro in der Kastanienallee zu sein, wirkt der 54-Jährige frisch. Seine blauen Augen haben schon fast alle großen Musiker des Rock und Pop von Angesicht zu Angesicht gesehen, darunter Mick Jagger, Madonna, Prince und Robbie Williams.

Die Arbeit mit Johnny Cash sticht nicht nur deshalb heraus, weil Earl in Schwarz-Weiß fotografiert hat: Die Fotos von 1994 zeigen den selbstbewussten Cash auf dem Weg zu seinem Comeback, einen freundlichen Mann, der genau weiß, was er will. Aber sie zeigen auch vieles andere, beschönigen die Zeichen des Alters, der Tablettensucht und auch der Krankheiten nicht, mit denen der Sänger bis zu seinem Tod im Jahr 2003 zu kämpfen hatte. Noch viel stärker sind die markanten Lebensspuren auf den Fotos sichtbar, die Earl 1998 auf der Farm des Sängers bei Nashville gemacht hat: Noch immer blicken Cashs Augen eindringlich und rebellisch in die Kamera, doch die Haare sind nun weiß und tiefe Falten durchziehen sein Gesicht. Außer bei Cash hat Earl es nur bei den Mitgliedern von REM erlebt, dass sie sich ohne Make-up fotografieren ließen. Das Gegenteil sei ein Shooting mit Paul McCartney gewesen, erinnert sich Earl: „Nach der Maske sah der 65-jährige Ex-Beatle aus wie 25.“

Schwarzkopf&Schwarzkopf, 152 Seiten mit ca. 100 Abbildungen, 49,90 Euro

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