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Berlin: Sterbender Schwan legte S-Bahn-Verkehr lahm

Brandenburger Vogelexkursionen abgesagt

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Zwar warnen alle Experten vor Panikmache, aber in den Zeiten der Vogelgrippe wollen alle auf Nummer sicher gehen. So stoppte die Bahn gestern Morgen für eine halbe Stunde alle S-Bahn-Züge auf ihrer wichtigsten Strecke zwischen Zoo und Friedrichstraße – um einen sterbenden Schwan zu bergen.

Wie bereits am vergangenen Wochenende war auf den Stadtbahngleisen neben dem Bahnhof Bellevue ein Schwan entdeckt worden. Sechs Feuerwehrleute bargen das tote Tier und brachten es auf die Wache Moabit. Dort lagerte es auch am Nachmittag noch, denn angesichts des Massenanfalls von toten Vögeln fährt die Feuerwehr die Kadaver jetzt nur noch mit Sammeltransporten ins Untersuchungsinstitut Ilat. „Wir können nicht jede Taube einzeln mit einem großen Auto in das Institut bringen“, hieß es in der Leitstelle der Feuerwehr.

Nach dem Einsammeln am Fundort werden die toten Tiere auf den Wachen zwischengelagert und in regelmäßigen Abständen von einem Lastwagen eingesammelt. Auf diese Arbeit sparende Idee sei man am Wochenende gekommen, als klar wurde, dass die Zahl der Meldungen „Tiernotlage – Kadaver“ so schnell nicht mehr sinken werde. „Wir pendeln uns so bei 120 bis 130 Einsätzen pro Tag ein“, hieß es bei der Feuerwehr. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe gestern Nachmittag waren es 96 Fahrten, aber niemand zweifelte, dass in den Abendstunden weitere tote Vögel gemeldet werden .

In Brandenburg fallen Geflügelschauen aus – und auch andere Veranstaltungen. Lange und liebevoll hatten sich beispielsweise Wissenschaftler und Ornithologen auf das kommende Wochenende vorbereitet: Zum ersten Mal sollten im Nationalpark Unteres Odertal die so genannten Singschwantage stattfinden. Dort halten sich um diese Jahreszeit rund 1500 Singschwäne auf. Die Veranstalter hatten Exkursionen geplant, bei denen die Besucher die Tiere mit Fernrohren hätten beobachten und ihren – nach Ansicht der Vogelkundler – „posaunenähnlichen“, leicht „nasalen“ Rufen lauschen können.

Außerdem waren zahlreiche kulturelle Veranstaltungen in Schwedt und den umliegenden Orten geplant, Hotels hatten Sonderangebote offeriert. Nach dem Übergreifen der Vogelgrippe von Rügen auf das deutsche Festland entschieden die Veranstalter nun, die Singschwantage abzusagen. Zwar bestünde keinerlei Gefahr für Menschen, die von Weitem die Schwäne beobachten, sagte der Sprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums Jens-Uwe Schade. „Aber die beabsichtigte Werbung für die Region ist angesichts von Bundeswehrsoldaten, die in Schutzanzügen tote Schwäne auf Rügen einsammeln, eher zweifelhaft.“

Der Singschwan mit dem gelben Schnabel und dem betörenden Gesang kommt in vielen isländischen Sagen vor und brütet in den Seen, Sümpfen und Tundren der nordischen Länder. Die Finnen haben ihn deshalb sogar auf der Rückseite ihrer 1-Euro-Münzen verewigt. Im Unteren Odertal, das die Singschwäne als Winterquartier nutzen, gibt es bislang keine Anzeichen von Vogelgrippe. Ein einziges totes Tier wurde bislang entdeckt. Es starb durch den Biss eines Fuchses.

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