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Betten statt Business. Eine zum Corona-Zentrum umgebaute Messehalle an der Jafféstraße.

© Kay Nietfeld/ dpa

Streit um Berliner Coronaklinik: Es wird Zeit, der Messe wieder Platz zu machen

Der Bau eines Notkrankenhauses auf dem Berliner Messegelände war nachvollziehbar, jetzt sollte die Entscheidung revidiert werden. Ein Kommentar.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Was ist richtig, was ist falsch? Seitdem Covid-19 die Welt in Atem hält, kämpfen die Menschen um ihre Gesundheit, aber auch ums wirtschaftliche Überleben. Es ist ein klassischer Zielkonflikt: Die Pandemie zwingt uns Beschränkungen auf, die auch Produktion und Handel knebeln, während diese auf Freizügigkeit und Kontakte dringend angewiesen sind.

Einerseits muss die Politik die Gesundheit der Bevölkerung verantwortungsvoll im Auge behalten und andererseits gleichzeitig der Wirtschaft neuen Schwung geben. Diese widerstrebenden Interessen im Gleichgewicht zu halten, ist nicht einfach. Aber es geht, mit kühlem Kopf.

Das zeigt auch der Streit um die Frage, ob das Corona-Krankenhaus auf dem Berliner Messegelände zum Jahresende weichen soll, damit wieder Platz ist für Grüne Woche, ITB und InnoTrans. Der international bedeutende Messe- und Kongressstandort Berlin braucht diese Großevents dringend.

Kapazitäten für den Notfall in normalen Kliniken stärken

Es wird deshalb kein Weg daran vorbeiführen, die auf dem Höhepunkt der Krise aus dem Boden gestampfte Notklinik in der Messehalle 26 abzubauen. Das bedeutet ja nicht, dass Kapazitäten für den äußersten Notfall verloren gehen. Betten und medizinisches Material können normalen Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden, gleiches gilt für Ärzte und Pfleger, soweit sie überhaupt schon rekrutiert sind.

[Fallzahlen aus Berlin und Deutschland live – Auf unserer interaktiven Karte können sie die Zahl der täglichen Neuinfektionen tagesaktuell verfolgen]

Die gezielte Stärkung der etablierten Klinik-Standorte wäre wohl von Anfang an der bessere Weg gewesen, um das Berliner Gesundheitssystem für den Kampf gegen das Virus zu rüsten. Aber im März war der Schreck groß, als die Neuinfektionen heftig in die Höhe schnellten. Deshalb war die Idee, das pandemiebedingt stillgelegte Messegelände für ein Notlazarett zu nutzen, psychologisch nachvollziehbar. Aus heutiger Sicht ist es an der Zeit, die Entscheidung zu revidieren.

Berlins Gesundheitssystem ist ausreichend gerüstet

Denn unser Gesundheitssystem ist, auch durch die Erfahrungen der vergangenen Monate, ausreichend gerüstet. Selbst für eine zweite und dritte Welle, wenn nicht gerade brasilianische Verhältnisse über uns hereinbrechen. In diesem Fall müssten große Messen und Kongresse ohnehin wieder abgesagt werden. Rechnen wir aber lieber, ohne jede Hysterie, mit einem kleinen bis mittleren Risiko. Einfach aus Gründen der höheren Wahrscheinlichkeit, wenn uns schon kein Experte derzeit Sicherheit geben kann.

Deshalb sollte der Senat mit dem Abbau der Klinik die landeseigene Messe voll unterstützen, damit sie wieder auf die Beine kommt. Das wäre für Berlin ein hervorragendes Konjunkturprogramm – und in diesem Fall sogar preiswert zu haben.

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