
© dpa/Christoph Soeder
Streit um beschlagnahmten Demo-Bus: Berliner Polizei gibt Transporter wieder frei
Bei einer Demo kassierte die Polizei einen Bus des Zentrums für Politische Schönheit ein. Nach einem Gutachten hat das Kollektiv den Wagen nun zurück. Die Grünen kritisieren die Behörde.
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Der Demo-Bus „Adenauer SRP+“ des Künstler:innenkollektivs Zentrum für Politische Schönheit erregt ordentlich Aufmerksamkeit: Mit allerlei Aufbauten auf dem Dach konnte der an einen Gefangenentransporter der Justiz erinnernde Bus ein Getöse aus Nebel, Blitzlichtgewitter und Sirenengeheul verursachen – bis Einsatzkräfte der Berliner Polizei vergangenen Sonntag vor einer Woche das Gefährt am Rande einer Demonstration gegen die CDU beschlagnahmten.
Nun hat das Kollektiv den Bus zurückbekommen und darf ihn wieder fahren – zunächst zumindest bis zur nächsten Werkstatt, wie die Polizei Berlin auf der Plattform X mitteilte. Eine ausgiebige Begutachtung bei einer Kfz-Prüfstelle der Dekra am Montagnachmittag ergab, dass der Bus ein paar Mängel aufweise. „Mikro-Mängel“, sagte Stefan Pelzer, der Fahrzeughalter; unter anderem sei eine Schlussleuchte beschädigt.
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In ihrem „Faktencheck“ auf X teilte die Polizei Berlin außerdem mit, dass der Bus von den Gutachtern als „verkehrsunsicher“ eingestuft worden sei. Das sei so nicht richtig, hielten Stefan Pelzer und auch Vasili Franco, Grünen-Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus, der als parlamentarischer Beobachter vor Ort war, dagegen: Konkret gehe es um ausfahrbare Antennen und Sirenen auf dem Dach des Busses, welche das Kollektiv aber nur bei Demonstrationen benutzt.
Ansonsten sei der Bus fahrtüchtig, die Dachkonstruktion genehmigt. „Für die Straßenverkehrstauglichkeit und die Teilnahme an Versammlungen gibt es unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe“, sagte Franco, „das hat die Polizei bei dem Termin auch so bestätigt.“ Ist die Leuchte repariert, stehe noch eine abschließende Klärung mit der Polizei aus, wie der Bus künftig an Demonstrationen teilnehmen könne.
Mit dem Bus demonstriert die Gruppe für ein AfD-Verbot und hat nach eigenen Angaben kurz vor der Wahl Auftritte in der ganzen Bundesrepublik geplant. „Der Bus ist ein technisches Kunstwerk und in sich ein Mittel der Meinungskundgabe“, sagte Pelzer.
Die Polizei habe durch die Beschlagnahme die Versammlungs- und Kunstfreiheit des Kollektivs beschnitten und eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme „sabotiert“, kritisierte das Kollektiv auf X. „Die Polizei Berlin ist über die vom Zentrum für Politische Schönheit erhobenen Vorwürfe irritiert und weist sie entscheiden zurück“, teilte Polizeisprecher Florian Nath dazu auf Tagesspiegel-Anfrage mit.
Der Bus sei ursprünglich am Sonntag, 9. Februar, beschlagnahmt worden, weil er keine gültige Betriebserlaubnis habe, wie die Berliner Polizei auf X mitteilte. Das Kollektiv widersprach, sodass die Sache vor Gericht ging. Entschieden wurde das Eilverfahren bisher nicht. „Alleine die Beschlagnahme zu Beweissicherungszwecken ist problematisch“, sagte Franco, Mitglied im Innen- und Sicherheitsausschuss, „insbesondere, wenn lediglich Ordnungswidrigkeiten vorgeworfen werden und die Beweislage so dünn ist.“
„Adenauer SRP+“ war Thema im Abgeordnetenhaus
Zwischenzeitlich stellte er mit seinem Kollegen Ario Mirzaie im Abgeordnetenhaus eine mündliche Anfrage an Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zur Rechtfertigung der Beschlagnahme und dem Verbleib des Busses. Diese versprach eine umgehende Klärung. Das brachte wohl Schwung in die Angelegenheit. Vergangene Woche rechnete die Polizei noch damit, dass der Fall erst „in acht bis zwölf Wochen“ geprüft werden und ein „ein technisches Gutachten erst nach Abschluss der gerichtlichen Prüfung erfolgen“ könne, wie Sprecher Nath mitteilte.
Schließlich erntet die Polizei durch das Vorgehen auch Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit ihrer Arbeit.
Vasili Franco, Grünen-Abgeordneter und parlamentarischer Beobachter
Auf dem Dach des „Adenauer SRP+“ sind unter anderem eine „100 kW Lautsprecheranlage inkl. Spezial-Drucklufthörnern von der US-Army“, Luftschutzsirenen und Flakscheinwerfer befestigt, wie es auf der Website des Zentrums für Politische Schönheit heißt. Auf einer LED-Tafel stehen im Demo-Modus die politischen Botschaften des Kollektivs. Diese waren am Montag mit Schnee bedeckt. Stefan Pelzer geht davon aus, dass die Technik im Wert von rund 60.000 Euro größtenteils zerstört ist. Das Kollektiv bereite deshalb eine Klage gegen die Polizei vor.
„Offensichtlich sind hier Fehler geschehen, die aufgearbeitet werden müssen“, sagte Vasili Franco zu dem gesamten Verfahren, „schließlich erntet die Polizei durch das Vorgehen auch Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit ihrer Arbeit.“ Zuvor hatte die Polizei mit einem retuschierten Bild des Busses ohne entsprechende Kennzeichnung irritiert, der Tagesspiegel berichtete.
„Er ist wieder frei“, sagte Arne H., Sprecher des Zentrums für Politische Schönheit. Das Kollektiv ist sich sicher, dass das auch so bleiben wird. „Offensichtlich mag die Polizei den Adenauer SRP+ nicht“, sagte Arne H. Mehrere Hauptuntersuchungen und Gutachten im selben Zeitraum bescheinigen aber die Fahrtüchtigkeit. „Die Berliner Polizei wird sich an den Adenauer SRP+ gewöhnen müssen“, so Arne H.
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