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H.G. Lindenau, vor seinem "Gemischtwarenladen für Revolutionsbedarf" in Berlin Kreuzberg.

© Mike Wolff

"Gemischtwarenhandel" in Berlin-Kreuzberg: Szeneladen „M99“ steht Räumung bevor

Kommt keine kurzfristige Einigung zustande, wird der Laden "M99" am Donnerstag zwangsgeräumt. Ein Räumungsschutzantrag wurde am Dienstag abgelehnt.

Und wieder droht die Zwangsräumung des linken Szeneladens „M99“ in der Manteuffelstraße in Kreuzberg: Wenn keine außergerichtliche Einigung gefunden wird, erscheint nach 30 Betriebsjahren am Donnerstag um 9 Uhr der Gerichtsvollzieher vor dem „Gemischtwarenladen mit Revolutionsbedarf“ von Hans-Georg „HG“ Lindenau. Dem Räumungsschutzantrag hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg am Dienstag eine „klare Absage erteilt“, sagte Magnus Hengge, „M99“-Unterstützer von der Initiative „Bizim Kiez“, bei einem Pressetermin in Lindenaus Schlafzimmer hinter dem Ladenraum. Anfang August hatten sich die Anwälte von Lindenau mit dem Hausbesitzer Frederick Hellmann außergerichtlich auf einen Räumungsaufschub bis zum 22. September geeinigt. Eine weitere Schonfrist wird es wohl nicht geben. „Es gibt keine Verhandlungen mit der Gegenseite“, sagte Eigentümeranwalt Cornelius Wollmann am Dienstagmittag.

Hausbesitzer hat kein Vertrauen in freiwilligen Auszug

Mit dem gescheiterten Antrag auf Räumungsschutz wollte Lindenau erreichen, dass er bis zu seinem geplanten Umzug im Mai 2017 in dem Laden bleiben kann. Dann hätte er einen neuen Wohnladen in der Falkensteinstraße 46. Doch Anwalt Wollmann glaubt nicht daran. Das Vertrauen in einen freiwilligen Auszug Lindemanns sei geschwunden, man will sich nicht länger hinhalten lassen. Lindenau soll jetzt endgültig raus. Seit seinem Selbstmordversuch im Jahr 1989 ist Lindenau gelähmt und sitzt im Rollstuhl. Er und seine Unterstützer wollten daher vor allem gesundheitliche und psychische Gründe für den Räumungsaufschub geltend machen. Doch die Rechtspflegerin befand, dass Lindenau nicht schutzbedürftig sei. Er sei weder suizidgefährdet, noch leide er an Depressionen.

"HG" möchte weiter kämpfen

Noch besteht die Möglichkeit, dass das Landgericht die Entscheidung aufhebt, doch das sei eher unwahrscheinlich, sagt "M99"-Unterstützer Hengge. Für Lindenau steht jedenfalls fest: „Ich bleibe hier.“ Er hofft noch immer auf eine Einigung in letzter Minute. „Herr Hellmann, Sie haben gesagt, Sie sind gegen eine polizeiliche Räumung und ich vertraue auf Ihr Wort.“ Lindenau ist gut vernetzt in der linken Szene und rechnet bei einer Räumung mit europaweiter Unterstützung. Am Mittwoch um 18 Uhr soll eine Mahnwache vor dem „M99“ stattfinden.

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