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Leerstehendes Containerdorf. Ende 2019 mussten die letzten Flüchtlinge die Tempohomes räumen.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Leerstehendes Containerdorf: Tempohomes am Flughafen Tempelhof seit einem Jahr ohne Wasseranschluss

Seit über einem Jahr können die Tempohomes für Flüchtlinge in Tempelhof nicht genutzt werden. Es gibt ein Problem mit der Wasserversorgung.

Die einstigen Containerunterkünfte für Flüchtlinge, die sogenannten Tempohomes, stehen seit mehr als einem Jahr auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof leer und können nicht genutzt werden. Und das liegt nicht daran, dass man keine Pläne dafür hätte. Der Grund für den Leerstand ist vielmehr, dass das Gesundheitsamt des Bezirks keine Genehmigung für den Betrieb erteilt, da keine hygienisch einwandfreie Wasserversorgung gewährleistet werden kann.

Laut dem Tempelhofgesetz, das selbst eine temporäre Bebauung ausschließt, war der Betrieb der 900 Container zunächst nur bis Ende 2019 gestattet. Bis dahin mussten die letzten der rund 1000 Geflüchteten, die dort unterkommen konnten, wieder ausgezogen sein. Als das Tempohome-Dorf dann leer stand, wurden die Wasserversorungsleitungen gekappt.

Anfang 2020 verschärfte sich aber die Situation für die Flüchtlinge auf den griechischen Inseln. Bilder des vollkommen überfüllten Lagers in Moria auf Lesbos gingen um die Welt; ein gutes halbes Jahr später wurde das Lager durch einen verheerenden Brand zerstört.

Am 17. März 2020 beschloss der Senat, die Tempohomes wieder in Betrieb zu nehmen. Seitdem laufe der Prozess in Zuständigkeit der Bim, der Immobiliengesellschaft des Landes, die Container wieder in Betrieb nehmen zu können, teilte die Senatsverwaltung für Integration mit. 

Berlin hatte sich damals im Rahmen eines Landesaufnahmeprogramms bereit erklärt, Geflüchtete aus den griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen. In den Tempohomes sollten Geflüchtete aus Griechenland untergebracht werden; aber Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stimmte dem Programm nicht zu.

Man versuchte, die Containersiedlung wieder anzuschließen. Dabei stellte sich heraus, dass das Wasser keimbelastet war. Das Gesundheitsamt untersagte die Inbetriebnahme. Wie die Integrationsverwaltung schrieb, wurde anschließend einiges unternommen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Dazu gehörten:

  • die technische Reinigung der Trinkwasseranlage
  • eine fortlaufende Spülung und Optimierung des Spülsystems
  • der Einsatz eines Sachverständigen
  • die Teilung des Tempohomes in drei Abschnitte zur schrittweisen Eröffnung und besseren Planung, die Abschnitte 1 (für 264 Menschen) und 2 (280 Menschen) sind vollständig hergerichtet.

Laut der Senatsverwaltung sind die zuvor festgestellten Mängel inzwischen beseitigt, die Proben weisen keine Keimbelastungen mehr auf. Das Bauamt des Bezirks habe bereits im Juni des vergangenen Jahres eine baurechtliche Duldung erteilt, das Gesundheitsamt allerdings hat die Trinkwasseranlage noch immer nicht freigegeben.

„Seit mehreren Monaten sind wir damit beschäftigt, eine Lösung mit dem zuständigen Bezirksamt zu finden. Das ist uns bisher nicht gelungen. Die Tempohomes können nur genutzt werden, wenn der Bezirk zustimmt“, teilte Stefan Strauß, der Sprecher der Senatsverwaltung, mit.

Noch sind laut Bezirk nicht alle Probleme gelöst

Wie Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck (SPD) sagt, sind noch nicht alle Probleme bei der Wasserversorgung gelöst. „Das ist nicht ganz so trivial“, sagt Schworck. Es gehe noch immer um die Frage, wie viele einzelne unabhängige Versorgungssysteme es geben müsse, damit man diese bei Problemen getrennt abstellen kann, um den Schaden und eine potenzielle Gefährdung der Bewohner möglichst gering  zu halten. „Darüber diskutieren wir noch“, sagt Schworck.

Welche Kosten bei der seit mehr als einem Jahr nicht möglichen Inbetriebnahme entstanden sind, lässt sich nach Angaben der Senatsverwaltung nicht beziffern. Die Tempohomes wurden 2016 für rund 17 Millionen Euro angeschafft. An dem Plan, dort irgendwann wieder geflüchtete Menschen unterzubringen, hält die Senatsverwaltung weiter fest.

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