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Hinterm Alexanderplatz geht's weiter - bislang aber nur in der Planung einer Streckenverlängerung zum Potsdamer Platz

© BVG/Sven Lambert

Tram-Streckenplanung: „Wer will hier die Tram?“

Nur eine erboste Anwohnerin protestierte beim ersten Spaziergang zur geplanten Straßenbahn vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz.

Die erste Kontroverse gab’s, als es noch gar nicht losgegangen war: „Wer will hier die Straßenbahn haben? Etwa Sie?“ Die aufgebrachte Frau kurvt auf Uwe Hiksch zu. „Ja, das will ich.“ Die Frau: „Ich nicht!“ Sie wohne an der Rathausstraße in Mitte und befürchte, dass eine Straßenbahn vor ihrer Wohnung zu laut sein werde. Hiksch, von den Naturfreunden Berlin, kontert: „Die Straßenbahn wird leise sein, Sie werden sie nicht hören.“ Zusammen mit mehreren Organisationen, die sich für den Bau von weiteren Straßenbahn-Strecken einsetzen, hatten die Naturfreunde am Sonntag zu einem „Tramspaziergang“ auf der Strecke der neuen Straßenbahn vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz geladen.

Gekommen waren rund zwei Dutzende Interessierte, darunter gut die Hälfe Frauen. Norbert Rheinlaender von der Fahrgastinitiative Berlin, der die Pläne erläuterte, hatte anschließend leichtes Spiel. Die Frau, die die Tram gar nicht mag, wollte nur noch wissen, wo sie sich beim Senat beschweren könne – und war dann schnell verschwunden.

Quietschen in den Kurven

Bedenken hatte nur noch ein Anwohner aus dem Nikolaiviertel gegen die bisher vom Senat geplante Trassenführung. Demnach sollen die Gleise der BVG vom Alexanderplatz kommend auf der Rathausstraße gelegt werden, dann in einer Kurve in die Spandauer Straße einmünden, um dann erneut eine Kurve auf die Grunerstraße zu machen. „Zwei Kurven heißt zwei Mal quietschen“, meinte er. Und Hiksch entgegnete wieder, dass moderne Straßenbahnen auch in Kurven nicht mehr so laut seien wie früher.

Vorstellbar sei, die Tram auch über die gesamte Grunerstraße zu führen, sagte Rheinlaender, der sich seit Jahren mit der Planung für die Straßenbahn beschäftigt. Eine Kurve werde es aber auch dort geben, weil der Senat diesen Bereich umbauen will. Die Grunerstraße soll dann nicht mehr geradlinig die Spandauer Straße überqueren, sondern versetzt über die heutige Gustav-Böß-Straße einmünden. Diesen Knick müsste auch die Tram machen. Da im Bereich Molkenmarkt durch das Versetzen der Grunerstraße mehrere tausend Wohnungen entstehen sollen, wäre eine Straßenbahn hier doch sinnvoller als auf der Rathausstraße, sagte eine der teilnehmenden Frauen. „Vielleicht gibt es sogar zwei Trassen für die Straßenbahn; auf der Rathausstraße und der Grunerstraße“, hofft Rheinlaender.

Am Leipziger Platz hat man vorsorglich schon Schienen für die Straßenbahn verlegt.
Am Leipziger Platz hat man vorsorglich schon Schienen für die Straßenbahn verlegt.

© Kai-Uwe Heinrich

Dann geht’s weiter über die Mühlendammbrücke. Der Bau aus DDR-Zeiten muss bekanntlich abgerissen und neu gebaut werden, weil er die Lasten der Straßenbahn nicht aufnehmen kann. Bei der Gertraudenbrücke reicht es nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung, sie zu ertüchtigen. Der Neubau der Mühlendammbrücke hätte, wie berichtet, fast das gesamte Projekt gestoppt.

Jetzt erreicht die inzwischen geschrumpfte Gruppe etwa auf Höhe der Charlottenstraße die ab hier verengte Leipziger Straße, auf der seit wenigen Wochen bis zum Potsdamer Platz Tempo 30 gilt. Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) will dadurch häufiges Anfahren und Bremsen vor Ampeln verhindern, um den Ausstoß von Stickstoffdioxid zu verringern.

Ein Vorschlag: Je Fahrtrichtung nur eine Autospur

Die Straßenbahn-Befürworter haben einen viel radikaleren Vorschlag: Um Platz für die Straßenbahn – und für breite Radfahrsteifen – zu schaffen, sollte es für Autos nur noch eine Spur je Richtung geben, schlägt Rheinlaender vor. Dann werde sich der Autoverkehr zwangsläufig verringern, davon ist auch Hiksch überzeugt.

Autofahrer würden auch nicht zwangsläufig auf Wohnstraßen ausweichen: „Bei einem attraktiven Nahverkehr würden sie umsteigen – gerade auch in die Straßenbahn.“

Die Senatsplaner wollen den Verkehr zwischen Autos und Straßenbahnen bisher vor allem über „intelligente Ampelschaltungen“ steuern. Auch hier gehe die Rechnung aber nur auf, wenn der Autoverkehr insgesamt abnehme, hat auch schon Staatssekretär Jens-Holger Kirchner von der Senatsverkehrsverwaltung deutlich gemacht. Die Planungen laufen jedenfalls.

Das „Abenteuer Straßenbahn“ geht weiter. Die nächste Expedition führt am 6. Mai mit der Linie M 13 von der Seestraße zur Warschauer Straße – mit Erklärungen zu den historischen Orten unterwegs. Weitere Touren folgen.

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