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Umstrittener Auftritt von Julian Reichelt: Stress zwischen Junger Union und Jusos
Ex-„Bild“-Chef Julian Reichelt polarisiert in vielerlei Hinsicht. Seine Einladung durch die Junge Union stößt auf Protest der Jungsozialisten.
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Während CDU und SPD auf Landesebene mehr oder minder geräuschlos miteinander regieren, liegen die Jugendverbände beider Parteien über Kreuz. Aktueller Anlass ist die Einladung des ehemaligen „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt durch die Junge Union (JU) im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Über die Themen Meinungsfreiheit, Medienlandschaft und Neuwahlen wollen die Christdemokraten am Freitagabend (15. November, Rathausstraße) mit dem polarisierenden Gast diskutieren.
Den Jusos im Bezirk geht das zu weit. Unter dem Titel „Es Reich(t)el(t)“ haben sie eine Demonstration direkt vor dem Veranstaltungsort angemeldet und wollen dort – unterstützt von der Grünen Jugend – „gegen rechte Hetze und Stimmungsmache“ protestieren.
„Die Junge Union schert sich nicht um die Brandmauer und eine konsequente Abgrenzung nach Rechtsaußen“, erklärte Haluk Öngören, Co-Vorsitzender der Jusos im Bezirk. „Reichelt ist eine Persönlichkeit, die mehr als kontrovers ist. So jemanden einzuladen finden wir nicht in Ordnung“, ergänzte Öngören.
JU: Reichelt ist „streitbarster Medienschaffender der Republik“
Die Junge Union sieht das anders. In der Bekanntmachung für die Veranstaltung mit Reichelt heißt es offenbar im Bewusstsein der Brisanz: „Inzwischen hat sich eine unsägliche Sitte eingeschlichen, in der mit unliebsamen Meinungen, Positionen oder Menschen das Gespräch verweigert wird zur Vermeidung von Kontroversen.“
Reichelt, der nach seinem Rauswurf bei der „Bild“ zunächst auf Youtube aktiv war und inzwischen das als rechtspopulistisch geltende Onlineportal „Nius“ leitet, wird von der JU als „streitbarster Medienschaffender der Republik“ bezeichnet.
Spätestens seit seiner Entlassung bei der „Bild“ eilt Reichelt ein zweifelhafter Ruf voraus. Neben dem eingestandenen Vorwurf, in seiner Vorgesetztenrolle berufliche und private Beziehungen miteinander vermischt zu haben, gab es Vorwürfe der sexuellen Belästigung sowie des Machtmissbrauchs gegen Reichelt. Dafür habe es im Untersuchungsverfahren laut einer damaligen Konzernmitteilung allerdings „keine Anhaltspunkte“ gegeben.
Untersuchungsverfahren entlastete Reichelt
Gegen das Reichelt-Portal „Nius“ gab es nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ bereits etliche Beschwerden bei der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg, unter anderem wegen Verstößen gegen journalistische Grundsätze. Nach Einschätzung von Experten ähnelt das Portal dem US-Sender „Fox News“, der Donald Trump nahesteht.
CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein wollte den Vorgang auf Nachfrage nicht kommentieren. Alex Gerasimenko, Chef der JU Tempelhof-Schöneberg, erklärte, die Veranstaltung sei allein durch die JU „konzipiert und organisiert“ worden. Er kündigte an, Reichelt werde „kritisch und differenziert betrachtet“. In einem ähnlich gelagerten Fall in Baden-Württemberg hatte sich die CDU zuletzt von ihrem Jugendverband distanziert.
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