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Der Künstler Nasan Tur im August 2019 in Berlin.

© Alena Schmick

Tagesspiegel BERLINER – KUNST: "Und wo wir schon bei Monstern sind..."

Die elfte Ausgabe des Tagesspiegel BERLINER ist am 7. September erschienen. Worum geht es darin? Oft hilft der Blick von außen. Ein Gast-Editorial. 

Klar, mach ich, sagte ich am Telefon. Vorab den BERLINER lesen und ein wenig drüber schreiben? Kein Problem!

Und jetzt sitze ich hier, eingequetscht zwischen frustrierten Pendlern und erschöpften Backpackern auf dem Fußboden eines ICs zwischen Hannover und Berlin und versuche halbwegs gekonnt meinen Laptop auf den Knien zu balancieren.

Ich fange am Besten mit dem kürzesten Artikel, an, denke ich mir: Philipp Grütering von Deichkind. Cooler Typ, der sich selbst nicht zu wichtig nimmt. "Ich wusste nicht mehr, wie ich mich bewegen soll" - kein Problem, solange es keiner merkt, lieber Philipp! Keiner darf es merken - so geht's gleich weiter mit dem nächsten Rockstar, Max Rieger. Da darf das obligatorische Foto mit Zigarette und Blick in die Ferne nicht fehlen!

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Danach ein wenig Kunst(markt)geschichte: Rudolf Zwirner, der Mann, der die erste Kunstmesse aus der Taufe hob. Damals mit der Intention, die Kunst auch für die nicht ganz so "gehobene Mittelschicht" bezahlbar zu machen. Und ganz nebenher Kohle für Künstler und Galeristen zu generieren. 52 Jahre später ist diese kleine, feine Idee zu unzähligen globalen Monstern mutiert, die Galerien, Künstler und Sammler vor sich her treiben und jeden, der nicht mithalten kann oder stolpert, gnadenlos in den Boden rammen.

Und wo wir schon bei Monstern sind, darf die Titelstory nicht fehlen: Von selbstausbeuterischen Wesen ist da die Rede, die für Facebook und Co. für die Währung "Follower" und den Traum arbeiten, eventuell von irgendeiner wichtigen Person, am besten einem Popstar oder so, wahrgenommen zu werden. Zum Glück kriegt der Artikel gekonnt die Kurve und entlässt mich ohne bleibende Narben.

Zu guter Letzt mein Lieblingsteil der Ausgabe: Eine Fotoserie des Künstlers Jakob Ganslmeier über Spuren und Narben nationalsozialistischer Vergangenheit, die mit Hilfe der Initiative EXIT Deutschland realisiert werden konnte. Dass die Initiative aktuell in ihrer Existenz bedroht ist, da die Finanzierung durch den Bund nicht gesichert ist, nervt gewaltig.

Da hilft nur klicken und spenden! Danke, liebe Berlinerin und lieber Berliner!

Nasan Tur, 1974 in Offenbach geboren, beschäftigt sich in seiner Kunst viel mit politischen Themen. Seine Arbeiten wurden auf der Documenta 14 und auf internationalen Biennalen gezeigt - aktuell in Istanbul. In der Berliner Kunstraum Kurt-Kurt zeigt er noch bis 29. September sein Fotoprojekt "untitled". Darin bezieht er sich auf Kunstwerke, die in nationalsozialistischer Zeit verboten wurden und deren Verfasser ins Exil gehen mussten. Ausgehend von Kurt Tucholskys öffentlichem und schöpferischem Widerstand geht es in der Serie um das individuelle Handeln und Formen des Widerstandes jedes Einzelnen. Zur Berlin Art Week wird Nasan Tur am 13.9.2019 um 19 Uhr durch die Ausstellung führen und über seine Arbeit berichten. Zum Ortstermin Moabit findet am 29.09.2019 um 16 Uhr ein Artist Talk statt.

Nasan Tur

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