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Ute Bonde (CDU), Berliner Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update Exklusiv

Senatorin Bonde erfindet Verkehrssimulation: Berlin kapituliert vor Chaos um neuen A100-Abschnitt

Rund um die Anschlussstelle Treptow herrscht auch 100 Tage nach der Freigabe des neuen Autobahn-Abschnitts weiter Chaos. Inzwischen scheint klar: Eine Verkehrssimulation vor ihrer Eröffnung hat es nie gegeben.

Stand:

100 Tage nach Eröffnung des 16. Bauabschnitts der A100 hat die Verkehrsverwaltung vor dem anhaltenden Chaos rund um die Anschlussstelle Treptow kapituliert. Wie Sprecherin Petra Nelken dem Tagesspiegel bestätigte, sind bis auf Weiteres keine Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation rund um die in der Sanierung befindlichen Elsenbrücke geplant.

Nelken zufolge habe eine aktuelle Abstimmung mit Bezirk, BVG und Polizei ergeben, „dass sich die Situation vor Ort durch die eingeleiteten Maßnahmen und die ständige Präsenz der Polizei verbessert und sich daher ein als stabil zu bezeichnender Verkehr über die Elsenbrücke eingestellt hat.“ Insbesondere die Belange der BVG hätten verbessert werden können, nachdem diese anfangs ihre in dem Bereich verkehrenden Buslinien zeitweise eingestellt hatten.

Damit ist klar, dass sich an der gegenwärtigen Situation – zwischen Elsenbrücke und Anschlussstelle Treptow sowie in den umliegenden Kiezen herrscht seit Monaten Stau, zudem hat sich die Zahl der Unfälle deutlich erhöht – mindestens bis Ende Januar nichts ändern wird. Bis dahin soll der erste Teil der Elsenbrückensanierung abgeschlossen sein, es stünden dann wieder zwei Fahrspuren pro Richtung zur Verfügung. Ob der Zeitplan zu halten ist – ursprünglich sollte der Neubau im Dezember freigegeben werden – ist offen.

Verkehrssimulation gab es nicht

Vom Tisch ist eine Variante, die Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) Ende September präsentiert hatte. Dabei sollte stadteinwärts zugunsten einer zweiten Fahrspur auf einen Radweg verzichtet werden. Die Variante wurde nach einer erneuten statischen Überprüfung wieder aufgegeben, Ursache waren statische Bauwerksdefizite der angrenzenden Rampenbauwerke. Bonde selbst hatte einst erklärt, sie erwarte eine „deutliche Verbesserung der Situation“ nach Umsetzung der Maßnahme.

Der Vorschlag war offenbar nicht der einzige Irrtum der Senatorin in der Causa Elsenbrücke. Tagesspiegel-Recherchen zufolge hat es eine Simulation der Verkehrsströme rund um die Anschlussstelle Treptow, von der Bonde Anfang September im Tagesspiegel gesprochen hatte, so nie gegeben. „Vor der Eröffnung des 16. Bauabschnitts haben wir die mit Eröffnung eintretende verkehrliche Situation simuliert. Der Verkehr verhält sich jetzt anders“, hatte Bonde damals erklärt.

Der Verkehr verhält sich jetzt anders.

Ute Bonde (CDU) zum Chaos nach der A100-Eröffnung.

Nelken wiederum konnte zu einer derartigen Simulation keinerlei Auskünfte erteilen und verwies stattdessen auf eine Untersuchung, die die für die A100 zuständige Autobahn GmbH des Bundes im Zuge des Planfeststellungsverfahrens für die Autobahnverlängerung vorgenommen hatte. Das war jedoch im Jahr 2017 und nicht „vor der Eröffnung des 16. Bauabschnitts“, wie von Bonde behauptet.

Antje Kapek, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, kritisierte Bonde daraufhin scharf. „CDU-Senatorin Bonde redet sich regelmäßig um Kopf und Kragen. Es ist davon auszugehen, dass es niemals eine Verkehrssimulation für die A100 gegeben hat. Erst ankündigen, dann nichts liefern, ist ein wiederkehrendes Muster von ihr“, erklärte Kapek.

„Eklatante Täuschung des Parlaments“

Sie ergänzte: „Nachdem Kai Wegner schon nach wenigen Monaten Senatorin Schreiner gehen ließ, wird nun auch Senatorin Bonde zu einer echten Belastung.“

Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklärte spöttisch: „Sollte sich die Senatorin für Mehr Verkehr und Keine Umwelt (SenMVKU) hier wirklich auf eine Schätzung von 2017 beziehen, dann wäre das aus meiner Sicht eine eklatante Täuschung des Parlaments.“

Tatsächlich kam das Chaos rund um die neue Anschlussstelle der A100 mit Ansage. Verschiedene Verkehrsexperten hatten bereits lange vor Eröffnung des neuen Streckenabschnitts davor gewarnt, diesen vor Abschluss der Sanierungsarbeiten an der Elsenbrücke in Betrieb zu nehmen. Nach der Eröffnung und ersten staubedingten Sperrungen des neuen Autobahnabschnitts wurden sogar Forderungen laut, diesen vorübergehend außer Betrieb zu setzen. Ein schlüssiges Verkehrskonzept, wie es unter anderem der Koalitionspartner SPD verlangte, lässt bis heute auf sich warten.

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