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Berlin: Verpatzter Ferienstart: Alarm am Bahnhof Zoo

Der Start in die Ferien geriet für Bahnreisende gestern zum Fiasko. Zweimal hintereinander löste die Polizei am Bahnhof Zoo Bombenalarm aus: Erstmals um 11.

Der Start in die Ferien geriet für Bahnreisende gestern zum Fiasko. Zweimal hintereinander löste die Polizei am Bahnhof Zoo Bombenalarm aus: Erstmals um 11.14 Uhr wegen eines verdächtigen Koffers auf dem S-Bahnsteig. Der Zugverkehr wurde drei Stunden lang eingestellt, der Bahnhof vollständig geräumt. Nachdem sich der erste Koffer als harmlos herausgestellt hatte, hörte ein Beamter ein lautes Ticken aus einem Schließfach, zudem schlug ein Spürhund an. Mit Hilfe eines Roboters sprengten Polizeiexperten diesen Koffer.

Zehntausende Bahnreisende mussten zum Teil stundenlange Verspätungen hinnehmen. Aber auch für die Passagiere eines Mallorca-Fluges begannen die Winterferien mit Schrecken. Die in Tegel gestartete Air-Berlin-Maschine musste umkehren, nachdem eine Warnlampe im Cockpit Rauch angezeigt hatte (siehe Kasten).

Am Bahnhof Zoo spielten sich gestern chaotische Szenen ab. Unter den Wartenden in der Haupthalle hätten viele mit Ohnmachtsanfällen gekämpft, sagte eine Beamtin des Bundesgrenzschutz. "Das war wirklich der schlimmste Zeitpunkt", stöhnte eine Bahnsprecherin. Denn zum ohnehin starken Freitagsverkehr gesellten sich gestern die Urlauber, die in die Winterferien starten wollten.

Nach Angaben der Bahn verspäteten sich 120 Züge durchschnittlich 30 Minuten. In der Spitze lagen die Verspätungen bei 90 Minuten. 27 Züge fielen teilweise aus, wurden also vor ihrem Ziel gestoppt; sechs Züge wurden umgeleitet. Auf vielen Berliner Bahnhöfen saßen wartende Reisende. Das Chaos wirkte sich in gesamten Bundesgebiet aus. Der Verkehr normalisierte sich erst am späten Nachmittag wieder.

Als ein Eisenbahner den ersten Koffer gegen 11.10 Uhr auf dem S-Bahnsteig entdeckte, blieb der Bundesgrenzschutz zunächst noch gelassen. Schließlich werden vergessene Gepäckstücke häufig gefunden - gelten aber dennoch zunächst als "USBV", als "Unbekannte Spreng- und Brandvorrichtung". Routinemäßig wurden die drei Bahnsteige geräumt, der Zugverkehr eingestellt. Erst am Tag zuvor hatte ein verdächtiger Aktenkoffer die Züge am Zoo kurzzeitig gestoppt. Und auch dieses Mal war nach dem ersten Expertenblick klar: keine Gefahr durch den Koffer auf dem Bahnsteig.

Doch als die Züge wieder auf die Strecke geschickt werden sollen, hörte ein BGS-Beamter aus einem Schließfach im Erdgeschoss der Station ein verdächtiges Ticken. Zusätzlich schlug ein Sprengstoffspürhund am danebenliegenden Fach deutlich an. Zunächst wurde versucht, den Inhaber des Schließfaches 172 über Lautsprecherdurchsagen zu finden - vergeblich.

Deshalb entschloss sich der Bundesgrenzschutz, die Fächer mit dem Generalschlüssel zu öffnen. Doch das gelang nicht: Die Bahnangestellte mit dem Schlüssel war spurlos verschwunden. Schließlich öffnete ein BSG-Experte mit einem gepanzerten Splitterschutzanzug vorsichtig die beiden Fächer. Anschließend kam der gepanzerter Roboter des BGS zum Einsatz. Das ferngesteuerte Raupenfahrzeug zog mit seinem Greifarm aus dem ersten Fach den tickenden Rollkoffer und ließ ihn auf den Fußboden der Halle poltern. Aus dem zweiten Schließfach werden eine Plastiktüte mit leeren Flaschen und eine Reisetasche gezogen. Das Röntgen der Tasche ergab: viele Kabel, viele verdächtige Päckchen. Mit einem Hochdruckwasserstrahl "zerschoss" schließlich der Roboter die Tasche. Durch diese Technik werden elektrische Zündkontakte auf der Stelle zerstört, so dass ein Sprengsatz nicht mehr detonieren kann.

Am Abend ist klar, dass in den Schließfächern nur harmloses Gepäck war. In dem Koffer tickte ein Reisewecker, in der Tasche waren eine größere Menge Medikamente in mehreren Päckchen und Kabel einer Videoanlage. "Das passte ins Bild", sagte der Chef der BGS-Inspektion Zoo, Thomas Ebert, am Abend dem Tagesspiegel. Der Spürhund sei durch die Medikamente verwirrt worden. "Der Hund musste darauf ansprechen." Später meldete sich der Eigentümer der Medikamenten-Tasche beim Bundesgrenzschutz. "Der nahm das mit Humor, dass es seinen Koffer nicht mehr gibt", sagte Ebert.

Gegen 14 Uhr wurde der Bahnhof Zoo dann wieder freigegeben, der Verkehr normalisierte sich aber erst in den Abendstunden. Der nächste Schlag traf dann die U-Bahn. Um 14 Uhr - als gerade die erste S-Bahn in den Bahnhof Zoo gerollt war, stürzte am Bahnhof Spichernstraße ein junger Mann aus noch ungeklärten Gründen vor einen Zug der Linie U 9. Zwischen Bahnhof Zoo und Güntzelstraße wurde der Verkehr für eine Stunde eingestellt. Der Mann konnte nur noch tot geborgen werden.

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