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ARCHIV - 24.04.2024, Berlin: «Vonovia» steht auf einem Van, der vor einem Haus von Vonovia an der Coppistraße nahe der Frankfurter Allee in Berlin steht. (zu dpa: «Vonovia macht wieder Gewinn - Wert des Immobilienportfolios stabil») Foto: Annette Riedl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Annette Riedl

Verstoß gegen das Berliner Wohnungsbündnis: Vonovia kündigt Mieterhöhung von bis zu 15 Prozent an

Trotz Selbstverpflichtung, die Mieten um nicht mehr als 11 Prozent anzuheben, kündigt Berlins größter privater Vermieter Erhöhungen um bis zu 15 Prozent an. Der Senat „bedauert“ die Entscheidung.

Stand:

Der Wohnungskonzern Vonovia will nach Tagesspiegel-Informationen die Mieten für seine 40.000 Wohnungen in Berlin erhöhen und dabei teils über das im Wohnungsbündnis vereinbarte Limit von 11 Prozent hinaus gehen. Demnach habe die Vonovia bereits 20.000 Mieterhöhungsforderungen verschickt. Zuerst hatte die „B.Z.“ darüber berichtet.

Vonovia bestätigte dem Tagesspiegel, dass es zu Mieterhöhungen oberhalb der 11 Prozent kommen kann. „Wir orientieren uns an der rechtlichen Situation“, sagte Unternehmenssprecher Matthias Wulff dem Tagesspiegel. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch darf die Miete in Gebieten mit angespannten Wohnungsmarkt innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 Prozent angehoben werden. Wulff versicherte, dass sich Vonovia dabei an den Berliner Mietspiegel halten werde. Dieser begrenzt Mieterhöhungen auf die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete. Ob alle Vonovia-Wohnungen in Berlin von Erhöhungen betroffen sind, wollte das Unternehmen weder bestätigen noch dementieren.

Mit der Ankündigung verstößt Vonovia gegen die 2022 getroffenen Vereinbarungen des „Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“, in dem sich das Land Berlin, Verbände, Genossenschaften und Wohnungsunternehmen auf zahlreiche wohnungs- und baupolitische Maßnahmen verständigten. Eine davon lautet: „Die großen privaten Wohnungsunternehmen orientieren sich ab sofort an der auf Bundesebene geplanten Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete von derzeit 15 % auf maximal 11 % in drei Jahren.“

FDP verweigert Absenkung der Kappungsgrenze auf Bundesebene

Die Ampelregierung hatte 2021 im Koalitionsvertrag angekündigt, die sogenannte Kappungsgrenze in Gebieten mit angespannten Wohnungsmarkt von 15 auf 11 Prozent zu senken. Verantwortlich für die Gesetzesänderung wäre Justizminister Marco Buschmann (FDP), der jedoch angekündigt hat, die Vereinbarung nicht umzusetzen. Vonovia-Sprecher Wulff erklärte, dass man aufgrund dieser Entwicklung „dem Geiste des Bündnisses“ weiterhin entspreche.

Bausenator Christian Gaebler (SPD) teilte am Dienstag mit, dass das Unternehmen das Thema Mieterhöhungen auf der kommenden Sitzung des Wohnungsbündnisses besprechen wolle. „Wir bedauern es sehr, wenn es jetzt schon vor einer möglichen Verständigung im Bündnis zu Mieterhöhungsverlangen kommt“, sagte Gaebler.

Vonovia kündigte unterdessen an, sich an das sogenannte Leistbarkeitsversprechen zu halten. Für Mieterinnen und Mieter, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, soll die Miete höchstens 27 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens betragen. „Dieses Vorgehen begrüßen wir sehr“, sagte Gaebler zu dieser Ankündigung.

Vonovia will Teil trotz Verstoß Teil des Bündnisses bleiben

Bereits vor rund einem Jahr verließ mit der Adler Group ein privates Wohnungsunternehmen das Wohnungsbündnis, nachdem es Mieterhöhungen oberhalb der vereinbarten Grenze angekündigt hatte. Vonovia, das letzte private Wohnungsunternehmen in dem Bündnis, will nach eigenen Angaben jedoch in dem Bündnis bleiben. „Wir stehen zu dem Bündnis“, sagte Wulff dem Tagesspiegel. Das Thema Mieterhöhungen solle auf der kommenden Sitzung des Bündnisses erörtert werden.

Der Berliner Mieterverein kritisierte die Ankündigung Vonovias scharf. „Einmal mehr zeigt sich, wie wenig sich die Teilnehmenden des Berliner Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen an die Vereinbarungen gebunden fühlen, wenn es darum geht, Einschränkungen hinzunehmen“, sagte Wibke Werner, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins. „Vonovia muss sich endlich der Verantwortung als größte Vermieter Berlins für eine gemäßigte und sozial ausgerichteten Wohnraumversorgung bewusst werden.“ Die heute bekannt gewordenen Mieterhöhungen ließen auf das Gegenteil schließen.

Auch Grüne und Linke äußerten Kritik. „Mit der angekündigten Mieterhöhung für 40.000 Wohnungen schlägt Vonovia endgültig den Sargnagel ins Wohnungsbündnis“, sagte Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Vonovia sind 15 Prozent Mieterhöhung zugunsten der Aktionärinnen wichtiger als die Mieterstadt Berlin.“ Die Fachpolitiker der Linken, Katalin Gennburg und Niklas Schenker, erklärten: „Das Wohnungsbündnis hat sich endgültig erledigt. Selbst der letzte private, profitorientierte Immobilienkonzern, der überhaupt noch Mitglied im Bündnis ist, fühlt sich an die Vereinbarungen nicht mehr gebunden.“

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