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Nach dem tödlichen Messerangriff auf eine vierfache Mutter in Berlin-Zehlendorf plädierte die Staatsanwaltschaft auf lebenslange Haft gegen den Angeklagten Ex-Ehemann. (Archivfoto)

© Fabian Sommer/dpa

Update

Vierfache Mutter in Berlin erstochen: Ex-Ehemann zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt

Eine 36-Jährige trennt sich von ihrem gewalttätigen Mann. Er stellt ihr über Jahre nach, vollzieht am Ende eine „öffentliche Hinrichtung“. Es sei um seine „Ehre“ gegangen, sagt er nach der Tat.

Stand:

Vor einem Haus, das der vierfachen Mutter Schutz bieten sollte, erstach Yasser B. seine 36-jährige Ex-Frau. Er habe mit „absolutem Vernichtungswillen“ gehandelt und mit dem Entschluss, eine „öffentliche Hinrichtung“ zu vollziehen, stand für das Berliner Landgericht fest. Gegen den 50-Jährigen erging eine lebenslange Freiheitsstrafe. Zudem stellte das Gericht eine besondere Schwere der Schuld fest – eine lebenslange Haftstrafe kann dann nicht nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.

Schuldig des Mordes aus niedrigen Beweggründen. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwältin. Der Verteidiger hatte auf einen Schuldspruch wegen Totschlags plädiert. B. habe die Tat nicht geplant, in einer heftigen Erregung zugestochen, danach sofort gestanden.

Yasser B. habe nach der Trennung erlebt, dass sich seine Ex-Frau „mehr und mehr emanzipierte, sich freischwamm“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Dobrikat. Sein Leben dagegen sei geprägt gewesen von immer mehr Abstrichen. „Sie machte den Führerschein und hatte ein Auto, er nicht.“ Es habe sich über die Jahre Hass aufgestaut – „er wollte Genugtuung“.

Norhan A. und B., beide Libanesen, waren von 2009 bis 2022 verheiratet. Es war eine von den Familien arrangierte Ehe. 2020 trennte sich Norhan A. von dem Vater ihrer vier Kinder. Weil er gewalttätig war, eifersüchtig, nicht arbeitete, sagte die Staatsanwältin.

B. durfte sich seiner Ex-Frau nach gerichtlichem Beschluss nicht nähern

2022 die Scheidung – B. reagierte mit Nachstellungen und Drohungen wie „ich werde dich zertreten“. Norhan A. zeigte ihn an, es kam zu Gerichtsverfahren. Drei Geldstrafen ergingen zwischen 2022 und 2024 gegen den Mann.

Norhan A. erwirkte auch eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz, B. durfte sich ihr demnach nicht mehr nähern. Sie erstritt das alleinige Sorgerecht für ihre vier Kinder. Zudem wurde sie von den Behörden in einer geschützten Wohnung in Zehlendorf untergebracht.

Doch Yasser B. hielt sich nicht an die Beschränkungen. Am 28. August vorigen Jahres war sie allein, als er plötzlich vor dem Haus, das ihr Schutz bieten sollte, vor ihr stand. Beschimpft, geschlagen und getreten habe er sie zunächst. Sie ging zu Boden, konnte sich aufrappeln, wollte entkommen.

Ein verzweifelter Todeskampf. Er holte sie ein, rammte ihr ein Messer dreimal in die Brust. Ein Stich traf das Herz. Eine Augenzeugin wollte einschreiten. Sie legte sich auf die verletzte Frau – wie ein Schutzschild. B. aber stach noch einmal auf sein Opfer ein, versetzte der tödlich verletzten Frau wuchtige Tritte gegen den Kopf.

„Unter den Augen zahlreicher Zeugen hat er sie regelrecht hingerichtet“, sagte Richter Dobrikat. Was B. tat, habe er über Jahre hinweg angekündigt.

„Sie hat es nicht verdient zu leben“, sagte B. nach Angaben von Zeugen

Das Verbrechen sorgte in Berlin für Aufsehen – wieder ein Femizid, stand bald für die Ermittler fest. Brutal, gnadenlos, kaltblütig sei eine Frau aus dem Leben gerissen worden, weil sie eine Frau ist, weil sie die Beziehung beendet hatte. Auf den Begriff Femizid, der kein juristischer ist, ging das Gericht nicht ein.

Yasser B. wirkte im Prozess auf die Familie seiner Ex-Frau immer wieder provozierend. Äußerlich regungslos saß er auf der Anklagebank oder verzog den Mund zu einem Grinsen. Ihm gegenüber seine 15-jährige Tochter und die Schwester der Getöteten als Nebenklägerinnen. Es kam im Prozess zu lautstarken Zwischenrufen von Zuschauern – vor allem Verwandte und Bekannte des Opfers. Sie konnten das Auftreten von B. nicht ertragen. „Den Kindern geht es sehr, sehr schlecht“, sagte ein Nebenklage-Anwalt.

Der 50-Jährige war nach dem tödlichen Angriff nicht weggegangen. In aller Ruhe zündete er sich eine Zigarette an. „Sie hat es nicht verdient zu leben“, sagte er nach Angaben von Zeugen. Es sei um seine „Ehre“ gegangen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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