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Festgeklebte Klimaaktivistin.

© IMAGO/Christian Grube

Vor Klimablockaden in Berlin : Unkonkret, falscher Paragraf – Gericht hebt Klebeverbot der Polizei auf

Mit Klebeverboten will die Polizei verhindern, dass Klimaaktivisten Berlin nun komplett lahmlegen. Doch die Bescheide erfüllen nicht die Anforderungen.

Stand:

Kurz vor den Protestwochen von Klimaaktivisten in Berlin hat das Verwaltungsgericht ein wichtiges Instrument der Polizei gegen Blockaden für rechtswidrig erklärt. Das Gericht hat in einem Eilverfahren das von der Polizei verhängte Klebeverbot gegen eine Klimaaktivistin aufgehoben. Grund sind gravierende Mängel in der sogenannten Beschränkungsverfügung nach dem Versammlungsgesetz.

Damit gilt das gegen die Klimaaktivistin im Dezember verhängte Klebeverbot nicht mehr. Seit November hatte die Polizei solche Bescheide gegen 17 Wiederholungstäter erlassen, die sich mindestens achtmal bei Blockaden auf die Straße geklebt hatten. Auch für weitere Aktivisten dürften die Klebeverbote mit der Eilentscheidung wackeln. Acht Personen hatten bereits Widerspruch bei der Polizei eingelegt, in einem Fall wehrt sich ein Aktivist gegen das verhängte Zwangsgeld. Wer gegen das Klebeverbot verstößt, der wird zur Zahlung von 2000 Euro aufgefordert.

Das Verwaltungsgericht entschied, dass der Bescheid zum Klebeverbot wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig ist. Weil ein vollziehbarer Verwaltungsakt fehle, dürfe auch kein Zwangsgeld angedroht werden. Ob das Klebeverbot an sich rechtmäßig ist, entschied das Gericht zwar nicht. Jedoch gab das Gericht in seinem Beschluss den Hinweis, dass die Polizei sich bei ihrem Vorgehen auf den falschen Paragrafen im Versammlungsfreiheitsgesetz beruft.

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Für welche Straßen das Verbot galt, war zu unklar

In dem nun entschiedenen Fall hatte die Polizei der Aktivistin untersagt, sich unter freiem Himmel im Stadtgebiet Berlins auf den Fahrbahnen und Sonderwegen zwischen den Bordsteinen der Straßen des übergeordneten Straßennetzes festzukleben. Verboten wurde ihr auch, sich einzubetonieren oder anders mit der Fahrbahn zu verbinden sowie sich an anderen Personen oder Gegenständen festzukleben, anzuketten oder anders dauerhaft zu verbinden.

Die Polizei begründete das Verbot damit, dass die Gruppe„Letzte Generation“ seit Anfang 2022 immer wieder Blockadeaktionen an wichtigen Kreuzungen und Autobahnzu- und -abfahrten durchgeführt habe. Die Aktivistin war bei zahlreichen Klebeaktionen dabei, die Polizei ermittelt in mehreren Verfahren gegen sie. Die Aktionen stellten einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit dar. Dadurch werde die Allgemeinheit gefährdet, etwa wenn Rettungstransporte infolge der Blockaden behindert würden.

Wir kommen nach Berlin, bringen die Stadt zum Stillstand.

Die Gruppe „Letzte Generation“ zu den Aktionswochen in Berlin

Doch in ihrem Verbotsbescheid hat die Polizei offenbar einen gravierenden Fehler gemacht. Das Schreiben war nach Ansicht des Gerichts inhaltlich nicht bestimmt genug. Denn die Aktivistin könne aus dem Schreiben nicht sicher entnehmen, was von ihr verlangt werde.

Die Polizei sprach das Klebeverbot für „die Straßen des übergeordneten Straßennetzes“ mit Stand 2021 aus. In der Anlage, die zudem stark verkleinert war, war nicht zu sehen, welche Straßen genau gemeint sind. Auch bei einem Link zur Internetseite der Verkehrsverwaltung war die Karte nicht aufzufinden – dafür die Karte „Übergeordnetes Straßennetz, Bestand 2023“. Nötig wäre es nach Ansicht des Gerichts gewesen, dass die Polizei eine vergrößerte und lesbare Version dieser Karte auf Papier dem Bescheid beifügt.

„So viele Straßenblockaden wie möglich“

Die Berliner Polizei bereitet sich derzeit auf die von der Gruppe „Letzte Generation“ angekündigten Straßenblockaden im gesamten Stadtgebiet vor. Neben Gefährderansprachen sollen auch vermehrt Klebeverbote ausgesprochen werden. Die von selbsternannten Klimaschützern angekündigten Blockaden werden die Berliner Polizei maximal fordern. Berlins designierter Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die Aktionen scharf kritisiert. „Diese Gruppierung schadet dem Klimaschutz“, sagte Wegner. „Wer den Menschen seinen Willen aufzwingen will, wird niemals Erfolg haben. Die sogenannte letzte Generation geht den völlig falschen Weg.“

Nachdem am Mittwoch zunächst das Regierungsviertel und am Donnerstag und Freitag vor allem die Innenstadt im Fokus der Gruppe stehen, soll ab Montag kommender Woche die gesamte Stadt lahmgelegt werden. „Wir kommen nach Berlin, bringen die Stadt zum Stillstand, um die Regierung zum Aufbruch zu bewegen“, erklärte die Gruppe.

Mehr als 800 Menschen haben sich für die Proteste bei der „Letzten Generation“ bereits registriert. Die Aktion ist logistisch intensiv vorbereitet worden, jeder anreisende Teilnehmer soll eine Unterkunft in Berlin bekommen, zudem gab es in den vergangenen Wochen Trainings. In der letzten April- und in der ersten Maiwoche „probieren wir so viele Straßenblockaden wie möglich zu machen“, erklärte die Gruppe.

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