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Die Hälfte des Wassers aus den Kohlegruben fließt in die Spree. Machen diese dicht, wird es trocken.

© Patrick Pleul/dpa

Tagebau in der Lausitz: Warum der Kohleausstieg Berlins Wassermangel verschärft

Mit dem Kohleausstieg in der Lausitz verschärft sich auch die Wasserknappheit in der Spree. Gleichzeitig verdunstet viel Wasser aus den Tagebauseen.

Ausgerechnet die klimaschädlichste Art der Energieerzeugung in Deutschland stabilisiert den Wasserhaushalt in Berlin und großen Teilen Brandenburgs. Das zeigt eine ausführliche Antwort der Senatsverwaltung für Umwelt auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Danny Freymark. Das Papier dokumentiert, dass in einigen Jahren viel weniger Wasser durch die Spree Richtung Hauptstadt fließen könnte.

Etwa zehn Kubikmeter Grundwasser pro Sekunde werden demnach zurzeit aus den aktiven Braunkohlegruben in der Lausitz gepumpt. Eine Hälfte wird als Kühlwasser und zur Stützung lokaler Feuchtgebiete verwendet. Die andere Hälfte wird – teils über Nebenflüsse – in die Spree geleitet.

Allerdings geht ein Großteil dieser Einleitungen unterwegs verloren: Der Spreewald mit seinem weit verzweigten Gewässernetz inklusive Staustufen und Schleusen „stellt einen bedeutsamen Wasserverbraucher dar“, schreibt die Umweltverwaltung.

Außerdem wird ständig Nachschub für das in den Tagebaugruben geschaffene Lausitzer Seenland benötigt. Dessen Verdunstung wird zurzeit mit drei Kubikmetern pro Sekunde angegeben – bezogen aufs Jahresmittel, real jedoch ganz überwiegend im Sommer.

Durch eine weitere Ausdehnung der Wasserfläche von zurzeit 12.500 auf 15.000 Hektar würde die Verdunstung auf fast 3,6 Kubikmeter pro Sekunde steigen. Das entspricht etwa der Hälfte des gesamten Berliner Wasserverbrauchs und ungefähr der Menge, die durch die Spree in den Sommermonaten in der Hauptstadt ankommt. Die Zuflüsse durch Havel und Dahme sind in der Regel noch geringer.

Cottbus soll Deutschlands größten künstlichen See bekommen

Einen großen Beitrag zur Verdunstung dürfte der künftige Cottbuser Ostsee leisten, der in einigen Jahren der größte künstliche See Deutschlands sein soll. Die Ende 2018 begonnene Flutung musste allerdings wegen Wassermangels wieder eingestellt werden. Umweltverbände halten den sehr großen und flachen See angesichts des schon jetzt in der Region herrschenden Wassermangels für ökologisch hoch problematisch.

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Zwischen Berlin, Brandenburg und Sachsen existieren seit Jahren Vereinbarungen über die Nachschubsicherung für die Hauptstadt. Allerdings sind die Speicher im Oberlauf der Spree im dritten Dürrejahr in Folge inzwischen so weit geleert, dass eine Arbeitsgruppe im Zweiwochenrhythmus über die Verteilung und Restriktionen berät.

Der Cottbusser Ostsee soll Deutschlands größter künstlicher See werden. Doch es fehlt Wasser.
Der Cottbusser Ostsee soll Deutschlands größter künstlicher See werden. Doch es fehlt Wasser.

© Patrick Pleul/dpa

Das dürfte sich zum Normalzustand entwickeln: „Durch den Rückgang der Abflüsse werden, sofern keine adäquaten Maßnahmen ergriffen werden, zukünftig die geforderten Mindestwasserabflüsse deutlich unterschritten und daher nicht mehr alle Nutzeransprüche ausreichend erfüllt werden können“, heißt es.

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Von „bedeutsamen Herausforderungen“ ist die Rede. Details sollen ein in Arbeit befindlicher Masterplan der Berliner Verwaltung und ein gerade erst gestartetes Forschungsprojekt des Bundesumweltministeriums klären.

Der Spreewald verbraucht viel Wasser. In den vielen Kanälen verdunstet und versickert das Wasser schneller.
Der Spreewald verbraucht viel Wasser. In den vielen Kanälen verdunstet und versickert das Wasser schneller.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Die Tücken eines möglichst schnellen Braunkohleausstiegs erklärt die Verwaltung am Beispiel von Jänschwalde: Wenn der Tagebau bis 2023 samt den Grundwasserpumpen stillgelegt wird, aber das benachbarte Kraftwerk weiterläuft, soll es sein Kühlwasser (das über riesige Kühltürme verdampft) aus der Spree erhalten – was den Mangel flussabwärts, also vom Spreewald bis nach Berlin, weiter verschärft.

Einen einzigen Trost enthalten die Prognosen: Da zwei Drittel des im Spreewasser gelösten Sulfats aus dem Bergbau stammen, soll die Belastung durch den Kohleausstieg deutlich sinken. Davon profitiert etwa das Wasserwerk Friedrichshagen am Müggelsee, das den Sulfatgrenzwert fürs Trinkwasser zeitweise nur noch knapp einhalten konnte.

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