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Die Berliner Koalitionäre Lederer, Müller und Pop in Dreiuneinigkeit.

© dpa

Konferenz in Grunewald: Was das (Nicht-)Ergebnis der Senatsklausur bedeutet

Die Verwaltungsreform wird zerredet, der Wohnungsneubau kommt nicht voran. Am Ende blieb kaum noch etwas, auf das sich der Senat einigen konnte.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war keine Veranstaltung, von der ein positives Signal für die nächsten Monate ausging. „Vertane Lebenszeit“, hieß es anschließend. Neun Stunden saß der Senat am Sonnabend im lichtdurchfluteten Konferenzsaal des Wissenschaftskollegs im Grunewald beisammen, doch als die Klausur um 22 Uhr zu Ende war, gingen viele Teilnehmer frustriert nach Hause. Nur eine kleine Schar von Senatoren, Staatssekretären und anderen Funktionsträgern der rot-rot-grünen Landesregierung folgte noch der Einladung zum gemeinsamen Grillen im lauschigen Garten.

Gleich zu Beginn, um 13 Uhr, nach der Begrüßung durch den Regierungschef Michael Müller (SPD), hatte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) in scharfem Ton eine Tischvorlage der Senatskanzlei zur Verwaltungsreform auseinandergenommen. Es ging um 115 Vorschläge, wie der öffentliche Dienst modernisiert werden kann, die der zuständige Staatssekretär Frank Nägele vorlegte. Grundlage war der Bericht einer Expertenkommission unter der Leitung des früheren Chefs der Bundesarbeitsagentur, Heinrich Alt.

Auch er wurde, als Gast der Klausur, von Lederer attackiert. Teilnehmer sprachen am Sonntag von einer „kalkulierten Eskalation“. Zwar bemühte sich Müller redlich, die weitere Diskussion wieder in ruhiges Fahrwasser zu leiten, doch am Ende der mehrstündigen Debatte blieb kaum noch etwas übrig, auf das sich der Senat einigen konnte. Das lag auch daran, dass sich Linke und Grüne schützend vor die Bezirke stellten, deren Rolle sie in der zweistufigen Berliner Verwaltung nicht geschwächt sehen wollen.

Das Vertrauen in der Koalition fehlt

Stattdessen präsentierten, wie berichtet, Müller, Lederer und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) am Sonnabend den Journalisten nach vier Stunden eine wolkige Zwischenbilanz, zudem versprach das Dreigestirn, in der Senatssitzung am Dienstag konkrete Beschlüsse zur Sanierung der Verwaltung nachzuliefern.

Am Sonntag wurde schon mal eine Pressemitteilung verschickt: Der Senat wolle „in enger Zusammenarbeit mit den Bezirken einige schnell wirksame Verbesserungen bis zum Sommer 2019 umsetzen“. Mal sehen, was am Dienstag passiert. Senator Lederer ist dann auf Dienstreise und fände es sicher nicht gut, wenn Müller und Pop alleine vor die Presse treten. Auch das weist auf ein Manko dieser Landesregierung hin. „Es fehlt Vertrauen“, hieß es am Sonntag aus Kreisen der Klausurteilnehmer.

Um verlorenes Vertrauen ging es auch ab 20 Uhr, als Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) einen Bericht über die „zügige Entwicklung neuer Stadtquartiere“ vortrug. Es geht um 14 Großsiedlungen mit insgesamt 41.940 Wohnungen, von der Wasserstadt Oberhavel über den Blankenburger Süden bis Johannisthal und Lichterfelde-Süd. Allerdings mussten die Senatskollegen erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass mit dem Bau der meisten Wohnungen erst ab der nächsten Wahlperiode begonnen wird. Genauer gesagt: Bis einschließlich 2021 rechnet Lompscher mit dem Baubeginn für 19.860 Wohnungen, von 2022 bis 2026 sollen weitere 11.130 hinzukommen und ab 2026 könnte der Bau der restlichen 10.950 Wohnungen starten.

Kritik an Lompschers Wohnungsbau

Lompscher räumte ein, dass die Ziele der Koalition für den Neubau von Wohnungen in Berlin verfehlt würden. Aber das sei ja schon bekannt. Der Regierende Bürgermeister fand es hingegen überraschend, dass die Bausenatorin dies in der Klausur einfach nur so berichte. Auch andere Teilnehmer fanden Lompschers Vortrag zum Wohnungsbau konzeptlos, auch wenn sie den Vorschlag machte, 4500 Dachwohnungen auszubauen. Man habe wieder einmal den Eindruck gewonnen, hieß es bei SPD und Grünen, dass die Kollegin von der Linken keine Ideen für eine dringend nötige Beschleunigung des Wohnungsneubaus habe. Es reiche nicht aus, zu erklären, warum alles so schwierig sei.

Die Information, dass es auch bei der Schulsanierung und -erweiterung langsamer vorangeht als geplant, verbesserte die Stimmung in der Klausurtagung nicht. Nur der Kultursenator Lederer und Linksfrakionschef Udo Wolf nahmen die Parteifreundin Lompscher ausdrücklich in Schutz. Wolf betonte, dass der Neubau eine „gemeinsame Aufgabe des Senats“ sei. Das wiederum veranlasste Müller zu der Replik, dass er sich eine solche Gesamtverantwortung der Koalition auch bei anderen Problemlagen wünsche.

Lompscher muss nun in den Sommerferien nachsitzen und sie sagte zu, bis Ende August im Senat konkrete Maßnahmen für die Beschleunigung des Wohnungsbaus vorzulegen. Es werde neue Koordinierungsrunden mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften geben, kündigte sie vorab an. Außerdem sollten die Wohnungsbaugenossenschaften stärker unterstützt werden. Die Lage sei ernst – in dieser Einschätzung war sich die Senatsrunde am Wochenende einig. Selbst in der Regierung wetten nicht mehr alle darauf, dass diese Koalition bis 2021 durchhält.

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