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Bildung: Weiter Vorbehalte gegen Reform der Grundschule

In etlichen weiteren Grundschulen wird nach den Sommerferien das jahrgangsübergreifende Lernen eingeführt. Aber viele Lehrer und Eltern wollen keine Anfangsklassen, in denen zwei Jahrgänge gemeinsam sitzen.

In den Grundschulen gibt es weiterhin große Vorbehalte gegen das jahrgangsübergreifende Lernen (JüL). Dennoch wird die Methode nach den Sommerferien in vielen weiteren Anfangsklassen eingeführt. „Die Schulräte üben Druck auf die Kollegien aus“, berichten übereinstimmend Vertreter von GEW und Elternschaft. Die Bildungsverwaltung verweist auf die Gesetzeslage, betont aber, dass „begründete Ausnahmen“ weiterhin erlaubt seien. Zum vergangenen Schuljahr hatten sich noch etwa 125 der knapp 400 Grundschulen verweigert. „Der Einstieg ist abhängig von den Bedingungen“, betont Abteilungsleiter Erhard Laube. Wenn es räumliche oder personelle Engpässe gebe, werde keine Schule gezwungen, bei JüL mitzumachen. Es könne allerdings nicht sein, dass sich eine Schule „dauerhaft herausredet“, weil sie grundsätzlich die Methode ablehne. Schließlich sei die Jahrgangsmischung in den ersten beiden Klassen gesetzlich vorgeschrieben.

Die Schulaufsicht ist zurzeit dabei, die Rektoren, aber auch unzufriedene Eltern und Lehrer an diese gesetzliche Vorschrift zu erinnern. Damit sich die Schulen nicht entziehen können, sollen sie mit den Schulräten Zielvereinbarungen aushandeln, in denen festgehalten wird, wann und wie sie mit JüL beginnen.

Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich. So berichtet Anke Peters von der Rixdorfer Grundschule, dass man die Erst- und Zweitklässler erst mal nur für zwei Stunden pro Woche mischen werde. Diese Variante habe ihnen die Schulaufsicht erlaubt. Hingegen sieht sich der Leiter der Lichtenrader Käthe-Kollwitz- Grundschule, Ulrich Noffz, von der Schulaufsicht gezwungen, eine seiner drei Anfängerklassen komplett zu mischen. „Die erste Mutter hat bereits angerufen und darum gebeten, dass nicht ihre Klasse betroffen sein wird“, berichtet Noffz.

Auch in anderen Bezirken gibt es große Gegenwehr. So will eine Spandauer Elterngruppe verhindern, dass dort die restlichen zehn Schulen „auf Linie“ gebracht werden. Elternvertreterin Carola Brandes hat von Lehrern gehört, dass sie sich seitens der Schulräte unter Druck gesetzt fühlten. Bernd Jaeke von der Spandauer Grundschule am Amalienhof sieht das anders: „Nicht alle sind himmelhochjauchzend, aber jeder hat die Möglichkeit, ein eigenes Modell vorzulegen“, beschreibt er die Lage. Er habe sich entschieden, selbst in einer der Schulanfangsgruppen mitzu- unterrichten, „um mitreden zu können“. Er sieht bei Jül „Vor- und Nachteile“.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Jahrgangsmischung immer unterstützt, um den unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder besser gerecht werden zu können. Sie warnt aber davor, die Methode allen Schulen aufzuzwingen. Auf „begründete“ Anträge hin müssten Abweichungen erlaubt sein, forderte zuletzt die Initiative „Grundschule im sozialen Brennpunkt“, die von einigen GEW-Bezirksleitungen mitgetragen wird. Die GEW war es auch, die sich hinter die Neuköllner Grundschulen gestellt hatte, von denen zunächst nur etwa jede Zehnte bei JüL mitmachen wollte. Wie viele es sich zum nächsten Schuljahr anders überlegt haben, konnte die Bildungsbehörde nicht sagen. Fest steht, dass „ an einigen Schulen noch Fortbildungen organisiert werden müssen,“ berichtet Jens Stiller, Sprecher der Bildungsverwaltung. An rund einem Dutzend Schulen müsste es noch Umbauten geben, um den JüL-Erfordernissen gerecht zu werden.

Gudrun Genschow von der Neuköllner GEW erwartet, dass JüL wieder abgeschafft wird, sobald die ersten Vergleichsarbeiten vorliegen, „denn in sozialen Brennpunkten lernen die Kinder mit JüL nicht besser, sondern eher schlechter“.

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