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Passagiere warten mit ihrem Gepäck an einem Check-in-Schalter im Flughafen Tegel (Symbolbild).

© Sebastian Kahnert/dpa

Update

Ferienbeginn in Berlin: Wer schwänzt die Zeugnisausgabe?

Hotelpreise lösen bei manchem Schüler die Sommergrippe aus. Aber wie verbreitet ist das Phänomen in Berlin? Eine Stichprobe am Flughafen Tegel.

Montagvormittag, Flughafen Tegel: Im Terminal C ist großes Getümmel, lange Schlangen bilden sich am Check-In. Eine Familie aus Berlin steht an, um ihre Koffer für den Urlaub in Thailand aufzugeben – obwohl die Zeugnisse erst am Mittwoch ausgeteilt werden. „Aus beruflichen Gründen müssen wir heute fliegen“, sagt der Vater der beiden Mädchen. Dafür hätten sie eine offizielle Freistellung beantragt, die genehmigt wurde.

Nicht alle Eltern handeln so vorbildlich. Kurz vor den Ferien bleibt in den Klassenräumen häufiger so mancher Platz leer. Was mit den Klassenkameraden los sei? Sommergrippe, heißt es. Glaubwürdig klingt das nicht.

In den letzten Tagen vor den Ferien häufen sich Beurlaubungsanträge und Krankschreibungen. Der Grund: Viele Familien wollen ihren Urlaub ein paar Tage früher antreten, auch weil die Preise für Flüge und Hotels vor Ferienbeginn teilweise erheblich günstiger sind.

Über eintausend Euro Preisunterschiede für Urlaubsreisen

Wer zum Beispiel als vierköpfige Familie mit zwei Kindern im Schulalter für 14 Tage einen Urlaub in Mallorca verbringen möchte, zahlt bei Reiseantritt am letzten Montag vor den Ferien 3600 Euro, Flug und Hotel mit Halbpension inklusive. Wer vier Tage später, also am zweiten Ferientag startet, muss schon erheblich mehr zahlen: 4110 Euro kostet der Spaß, rechnet die Mitarbeiterin des TUI Reisebüros in Schöneberg aus. Noch extremer ist die Differenz für die griechische Insel Korfu: Der Preisunterschied liegt bei rund 1400 Euro.

Auf La Palma hingegen ist es andersherum: 1098 Euro kostet die Reise mit Halbpension pro Person, wenn die Familie am ersten Freitag der Ferien losfliegt – starten die vier schon vor Ferienbeginn, zahlen sie mindestens 1141 Euro mehr für das selbe Dreisternehotel.

Beim Reiseziel Südfrankreich gibt es kaum einen Unterschied. Laut Check 24 kostet ein zweiwöchiger Familienurlaub in Cannes zu Ferienbeginn nur 92 Euro mehr pro Person. Die Schwankungen zwischen Freitag, 6. Juli, und Samstag, 7. Juli, sind im Übrigen fast genauso hoch.

Nur wenige fliegen früher in den Urlaub

Ob es sich lohnt, sein Kind krankzuschreiben, kommt also ganz auf das Reiseziel an – verboten bleibt es trotzdem. „Und dreist“, sagt eine Lehrerin in Dahlem. „Wenn jeder sich das rausnähme, gäbe es gar keinen Unterricht mehr.“

Die Momentaufnahme am Tegeler Flughafen zeigt: So dreist scheinen die Berliner und Brandenburger nicht zu sein – zumindest an diesem Vormittag nicht. Es sind nicht übermäßig viele Familien mit Kindern auf den Weg in den Urlaub. Die meisten kommen aus anderen Bundesländern, Sachsen und Niedersachsen etwa, dort sind schon Schulferien.

Die wenigen Familien aus Berlin haben eine Genehmigung für das Fernbleiben. „Ben hat eine Schulgenehmigung“, sagt Bens Mutter – wenn auch widerwillig. Gegenleistung scheint ein weiteres Prinzip zu sein: „Der Urlaub ist abgesprochen. Meine Kinder halten für ihre drei Fehltage ein Referat“, sagt eine andere Berliner Mutter auf dem Weg zur Gepäckabgabe.

Wären die Thailandurlauber erst nach Beginn der Ferien geflogen, hätten sie genauso viel bezahlt wie an diesem Montag, sagt der Vater. Und selbst, wenn es weniger gewesen wäre, die Kinder hätten sie trotzdem nicht als krank entschuldigt, sagt die Mutter. Denn: In Berlin können bis zu 2500 Euro Bußgeld für die Missachtung der Schulpflicht verhängt werden. Da ist dann selbst ein Urlaub zum regulären Ferienbeginn noch günstiger.

Die Polizei ist von den Schulbehörden aber nicht um Amtshilfe gebeten worden.

Milena Reinecke, Johanna Lehn

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