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Wie der Klimawandel das Geschäft der Gasag prägt: Sinkender Wärmebedarf – mehr dezentrale Energielösungen
Umsatz und Erlös des Berliner Energieversorgers Gasag sanken im Jahr 2024 teils erheblich. Trotzdem sieht sich das Unternehmen gut gewappnet für eine klimaneutrale Zukunft.
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Der Klimawandel und die damit einhergehenden steigenden Temperaturen entwickeln sich zu dem prägenden Faktor für das Geschäft des Berliner Energieversorgers Gasag. „Das ist der Grundtrend, mit dem wir weiter arbeiten werden“, sagte der Vorstandsvorsitzende Georg Friedrichs am Donnerstag bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das Jahr 2024.
Allein in den vergangenen 30 Jahren sei die Temperatur in Berlin um fast zwei Grad gestiegen – mit direkten Folgen für das Wärmegeschäft, das immer noch den Großteil des Umsatzes der Gasag bestimmt.
2024 stieg die mittlere Temperatur in Berlin um 0,6 Grad auf 11,8 Grad, dem höchsten Wert seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Der Gastransport der Gasag ging aufgrund dessen um fünf Prozent zurück im Vergleich zum Jahr 2023, auf 39,1 Terrawattstunden (TWh). Ebenso groß war der Rückgang beim Gasabsatz, der 2024 bei 13,6 TWh lag. Beim Stromabsatz verzeichnete das Unternehmen sogar einen Rückgang um 17 Prozent auf 965 Gigawattstunden. Erklärt wurde dies mit entsprechenden Rückgängen bei den Weiterverteilern.
Die Entwicklung wird auch in den Geschäftskennzahlen deutlich. Neben der Witterung spielt hier auch die weitere Normalisierung des Preisniveaus eine Rolle. Der Gewinn der Gasag-Gruppe ging von 144 auf 91 Millionen Euro zurück.
Avisierte Investitionssumme verfehlt
Man sei „dennoch zufrieden“, sagte Finanzvorstand Stefan Hadré, da sich der Rückgang aus den beschriebenen Faktoren sowie Einmaleffekten im Jahr 2023 erklären lasse. Bei den Investitionen verfehlte das Unternehmen sein Ziel. Sie stiegen zwar um 17 Prozent auf 133 Millionen Euro, erreichten aber nicht die geplante Summe von 174 Millionen Euro.
Sorgen um die Geschäftsgrundlage macht sich Friedrichs wegen des voranschreitenden Klimawandels nicht. Ein Bedarf für Wärme in der Stadt werde bleiben, auch wenn dieser womöglich weiter sinken und stärker über klimaneutrale Lösungen gedeckt werde. „Auch in dieser zukünftigen Welt sehen wir erhebliches Potenzial, dass wir das weiterhin wirtschaftlich betreiben können“, sagte Friedrichs. „Wir sind eher ein wachsendes als ein schrumpfendes Unternehmen.“
Seit Jahren arbeitet die Gasag daran, ihr Geschäftsfeld in diesem Sinne zu diversifizieren. Man sei schon längst nicht mehr nur im Bereich Wärme und Gas unterwegs, sondern habe inzwischen eine Viertelmillion Stromkunden in der Stadt, sagte Friedrich. Zudem biete die Gasag zunehmend dezentrale Energielösungen an, verkauft unter anderem Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen.
Stellvertretend dafür verwies Betriebsvorstand Matthias Trunk auf drei Projekte, in denen in Zukunft die Abwärme von Rechenzentren lokal genutzt werde. Am weitesten fortgeschritten: die Wärmeversorgung des Gewobag-Wohnkomplexes „Pallasseum“ in Schöneberg. Ab Herbst soll die Abwärme des benachbarten Netzknotenpunkts der Deutschen Telekom den Wärmebedarf des Gebäudes zu 65 Prozent decken – ohne dass dafür das Haus energetisch saniert werden musste.
„Das ist das erste Mal, dass die Deutsche Telekom Wärme aus einem Rechenzentrum auskoppelt“, sagte Trunk. Der Preis liege auf dem gleichen Niveau wie bei der konventionellen Versorgung.
Regierungswechsel ohne große Auswirkungen
Von der neuen Bundesregierung erwartet der Gasag-Vorstand keine wesentliche Richtungsänderung. „Es fühlt sich nach Umbruch an, aber ich bin mir gar nicht ganz sicher, ob das in der Form stimmt, jedenfalls nicht für den Energiesektor“, sagte Friedrichs. Vertriebsvorstand Trunk sagte, dass er nicht davon ausgehe, dass das Heizungsgesetz komplett zurückgedreht werde. Eher werde es an der ein oder anderen Stelle Lockerungen geben.
Zum gescheiterten Einstieg des Landes Berlin bei der Gasag äußerte sich Friedrichs nur knapp. Die Zusammenarbeit zwischen der Gasag, dem Senat und den anderen Infrastrukturbetreibern funktioniere „sehr gut“, unabhängig davon, wer die Eigentümer seien.
Das Land Berlin hatte vergangenes Jahr das Fernwärmegeschäft der Vattenfall übernommen. In diesem Zusammenhang war geplant, auch die Anteile des schwedischen Konzerns an der Gasag zu übernehmen (rund 31,5 Prozent) sowie den übrigen Anteilseignern Engie (31,5 Prozent) und Eon (37 Prozent) Aktien abzukaufen, um Mehrheitsgesellschafter zu werden. Die Verhandlungen darüber scheiterten jedoch Ende vergangenen Jahres.
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