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SONNTAGS um zehn: Wo einst die Grenze stand

Ein Gottesdienst in der Schilfdachkapelle in Kladow.

Vereist und mit Schnee überzogen ist das Schilfdach der Kapelle in Kladow. Etwas abseits steht der hölzerne Glockenturm. Dahinter führt ein Pfad durch den Wald zum Ufer des Groß Glienicker Sees. Hier, wo gar nicht weit entfernt die Grenze verlief zur DDR, feiern seit knapp 60 Jahren Christen ihren Sonntagsgottesdienst.

Die Schilfdachkapelle ist ein Zeugnis der deutsch-deutschen Geschichte. Die Grenze ging mitten durch das Gebiet der Kirchengemeinde Groß Glienicke und teilte die Gemeinde: Der eine Teil gehörte zur DDR, der andere Teil zu West-Berlin. Für die Berliner Christen wurde es schon bald unmöglich, zu Gottesdiensten, zu Taufen oder Beerdigungen in ihre Kirche im Dorf Groß Glienicke zu kommen.

In den 50er Jahren begannen sie daher mit dem Bau der Kapelle „Zum guten Hirten“. Sie errichteten einen schlichten, weißgetünchten Bau mit tiefgezogenem Schilfdach. Das Dach sollte an einen Schafstall in Norddeutschland erinnern, erzählt Erich Rinnert, der seit den 70er Jahren zur Gemeinde gehört. Der pensionierte Schulleiter zeigt auf die einzige Skulptur in dem Kirchlein: Die geschnitzte Holzfigur zeigt einen Hirten mit einem Schaf auf den Schultern. Der „gute Hirte“ ist der Namensgeber der 1953 eingeweihten Kapelle. Heute gehören 2000 Mitglieder zu der Gemeinde.

An diesem Sonntag sind 40 Gemeindemitglieder zum Gottesdienst gekommen. Der Posaunenchor spielt, die Prädikantin Petra Brügge-Fangerow begrüßt die Gottesdienstbesucher. Zusammen mit ihrem Mann, Peter-Paul Brügge, gestaltet sie den Gottesdienst. Zum Fürbittgebet stehen die beiden vor dem Altar. Abwechselnd bitten sie für verunsicherte und einsame Menschen, für die, die sich in Diakonie und Industrie für andere einsetzen.

Nach dem Gottesdienst wird Kaffee getrunken. Brügge erzählt, dass er erst vor ein paar Jahren nach Spandau gezogen ist. Früher hat er in der Kirchenprovinz Sachsen gearbeitet. Seine Predigt in der Schilfdachkapelle ist auch ein Zeugnis der deutschen Einheit. Barbara Schneider

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