
© Sigrid Kneist
Vandalismus in Berliner Parks: Zertrampelte Beete, vermüllte Teiche, zerstörte Bänke
Für viel Geld war ein Park in Tempelhof-Schöneberg saniert worden. Schon wenig später gab es dort die ersten mutwilligen Zerstörungen.
Stand:
An diesem frühen Morgen zeigt sich der Volkspark Mariendorf von seiner romantischen Seite. Auf dem von blühenden Zierkirschen gesäumten Weg hatte jemand in der Nacht ein Herz aus rosa Blütenblätter gelegt. Aber wie hat sich der- oder diejenige die Blütenblätter beschafft hat? Vielleicht einfach von den Bäumen gerupft? Denn am Boden liegen die Blüten so nicht. Beginnt mit einer solch liebenswerten Idee etwa schon Vandalismus.
Das Grünflächenamt des Bezirks antwortet in diesem Fall verständnisvoll: "Wir hoffen, dass das Herz dazu beigetragen hat, dass er oder sie "JA" gesagt hat. Natürlich ist es nicht schön, wenn blühende Pflanzen ihrer Pracht beraubt werden.Aber wir nehmen mal an, es hat den Bäumen nicht allzu sehr geschadet. Und es ging hier ja offensichtlich nicht um sinnlose Zerstörung sondern um eine Herzensangelegenheit
Die Mitarbeiter sind in dem Mariendorfer Park nämlich ganz anderes gewöhnt. Der Park inklusive dem angrenzenden Sportplatz gehört neben dem Lichtenrader „Graben West“ (zwischen Finchley- und John-Locke-Straße) zu den Grünanlagen im Bezirk, in denen es die meisten Vandalismusschäden gibt.
Erst im vergangenen Jahr wurde nach langen Sanierungsarbeiten, die rund 2,5 Millionen Euro kosteten, der Bereich um den Blümelteich wieder für die Öffentlichkeit freigegeben. Schon wenige Tage später waren unter den Bänken Pflastersteine rausgerissen und in den Teich geworfen worden.

© Sigrid Kneist
Zurzeit ist der denkmalgeschützte Staudengarten gesperrt. Durch das dort nicht erlaubte Fußballspielen war die Rasenfläche zerstört worden. Damit das Gras wieder anwachsen kann, darf die Fläche sechs Wochen lang nicht betreten werden. Auch am Blümelteich gibt es weiterhin Sperrgitter um einzelne Bänke, weil dort das Pflaster zerstört wurde. Am Samstagmorgen lagen zudem Reste vom Feuerwerksknallern im und am Teich.
Ebenso war ein Verkehrsschild im Teich versenkt. Leihroller und -räder lagen auf der Wiese. Seit der Sanierung des Blümelteichs vor nicht einmal einem Jahr summieren sich nach Angaben des Bezirksamtes die Kosten allein für die Beseitigung der Vandalismusschäden im Volkspark auf 40.000 Euro. In anderen Grünanlagen registrierte das Bezirksamt folgende Schäden:
- Rudolph-Wilde-Park: Am 16. Dezember 2020 wurden von unbekannten Personen in den Rudolph-Wilde-Teich mehrere Liter Motoröl gekippt. Nach Untersuchungen des Umwelt- und Naturschutzamts sowie des Fachbereichs Grünflächen des Straßen- und Grünflächenamtes war klar, dass das Öl auf dem Teich abgesaugt werden muss. Die Kosten beliefen sich dabei auf 2.183,65 Euro.
- Perelsplatz: Der frisch sanierte Platz (Eröffnung 14. April) weist bereits diverse Vandalismusschäden wie zerstörte Stauden und Rasenflächenbereiche auf. Derzeit gibt es für die entstandenen Schäden noch keine Kostenschätzung.
- Bosepark: Auf dem dortigen Spielplatz wurde der „Spielturm“ in Brand gesetzt. Es entstand ein Schaden von insgesamt 53.868 Euro (inkl. Abriss, Entsorgung und Ersatzgerät).
- Heidefriedhof: Im vergangenen Jahr wurden drei Wasserbecken mit Zapfstellen zerstört. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt ca. 10.000 Euro.
- Dienstgebäude Fachbereich Grünflächen, Manteuffelstraße: Zwölf Glasscheiben wurden eingeschmissen und mussten ersetzt werden. Eine Rechnung liegt noch nicht vor.
Das Bezirksamt bezifferte zudem die Kosten für verschiedene Arten von Schäden auf:
- Illegale Müllablagerungen: Die Beseitigungskosten belaufen sich auf rund 4000 Euro.
- Zerstörte Bänke: Sie werden zerschnitten,zerbrochen, beschmiert, rausgerissen, gestohlen, weggeschleppt, in die Teiche geworfen. Im Jahr fallen rund 45 Bänke dem Vandalismus zum Opfer. Die Kosten pro Bank belaufen sich auf rund 710 Euro zuzüglich Ein- und Ausbau.
- Graffiti: auf Natursteinmauern, sämtlichen Parkeinrichtungen (Bänke, Schilder, Papierkörbe etc.), Kunstgegenständen. Die Kosten für die Beseitigung von Graffiti betrugen im vergangenen Jahr rund 25.000 Euro.
- Demolierte Papierkörbe: Sie werden zertreten, rausgerissen, beschmiert, gesprengt, angezündet. Im Jahr müssen rund 100 Papierkörbe ersetzt werden. Die Kosten belaufen sich auf 25.000 Euro zuzüglich Ein- und Ausbau.
- An den Teichen: Dort werden Schilder, Pfosten, Zäune, Rettungseinrichtungen, gestohlen, zerstört, beschmiert, in den Teich geworfen. Die Kosten liegen bei insgesamt rund 15.000 Euro.
- Kunstgegenstände und Skulpturen: Sie werden beschädigt, komplett zerstört, gestohlen, beschmiert. Die Schadenshöhe variiert, teils sind die Skulpturen auch nicht ersetzbar.
- Beleuchtung: Für Reparaturen werden rund 2000 Euro fällig.
- Beregnungsanlagen und Wasserbecken: Es entstanden Schäden in Höhe von rund 6000 Euro.
- Pflanzungen: Pflanzen werden gestohlen oder zerstört. Die Kosten für verschiedene Ersatzpflanzungen sowie diverse Rasenwiederherstellungen betragen insgesamt rund 25.000 Euro.
- Plätze und Wege: Mauern werden beschädigt, Steine herausgerissen. Schadenshöhe: 10.000 Euro.
Im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten für die Beseitigung von Vandalismusschäden in den Parks und Grünanlagen auf rund eine Viertelmillion Euro. „Die Schäden in unseren Anlagen zeugen von aggressivem Zerstörungswillen, Missachtung von öffentlichem Eigentum und der Arbeit meiner Mitarbeiter_innen für die Bürger_innen unseres Bezirks“, sagt die für die Grünanlagen zuständige Stadträtin Christiane Heiß (Grüne). „Sie mögen auch ein Zeichen von Übernutzung und Freiflächenmangel sowie fehlender sozialer Kontrolle sein, treten allerdings auch dort auf, wo genug Grün vorhanden ist und ein so genanntes ‚gutbürgerliches‘ Umfeld.“
Mehr Präsenz durchs Ordnungsamt
Solches Verhalten sei nicht zu entschuldigen und zu bagatellisieren, deswegen sollen die Mitarbeiter jede Form von Vandalismus anzeigen, sagte Heiß. Auch das Ordnungsamt soll mehr Präsenz in den Parks zeigen. Ein Ansatz zur Prävention seien die Park-Ranger, die in besonders belasteten Anlagen für eine gewisse soziale Kontrolle sorgen. „Ich setze mich sehr dafür ein, dass dieses Projekt auch weiterhin finanziert und deutlich ausgeweitet wird“, sagte Heiß.
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