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Tempelhofer Feld

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Zukunft des Tempelhofer Feldes in Berlin: Opposition wirft Schwarz-Rot eine „Fake-Beteiligung“ vor

Kurz vor dem zehnten Jahrestag des Volksentscheids zum Tempelhofer Feld debattiert das Abgeordnetenhaus über die Zukunft des Ortes. Die Koalition plädiert für eine Randbebauung.

Grüne und Linke werfen der schwarz-roten Koalition vor, die Entscheidung über eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes längst getroffen zu haben. Die von CDU und SPD geplante Bürgerbeteiligung bezeichnen sie als eine „Fake-Beteiligung“.

„CDU und SPD haben sich längst auf die Bebauung des Tempelhofer Feldes festgelegt“, sagte Julian Schwarze, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. „Und jetzt suchen Sie nach Wegen, diese Entscheidung, die klar gegen das Tempelhof-Gesetz und den erfolgreichen Volksentscheid verstößt, zu rechtfertigen.“

Vor fast genau zehn Jahren, am 25. Mai 2014, hatten rund 64 Prozent der Wählerinnen und Wähler dafür gestimmt, das gut 300 Hektar große ehemalige Flughafengelände nur vorsichtig für Freizeit, Erholung und Sport weiterzuentwickeln und eine Bebauung zu verbieten. Dies ist seither in ein Gesetz gegossen, das jedoch jederzeit mit einfacher Mehrheit im Parlament geändert werden kann. Zuletzt geschah dies mehrfach, um auf dem Tempelhofer Feld Unterkünfte für Geflüchtete aufzustellen.

CDU: Müssen „alle Instrumente“ gegen Wohnungsnot nutzen

CDU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, „die Möglichkeiten einer behutsamen Randbebauung in begrenzten Teilen der Fläche“ auszuloten. Maßgeblich sei dabei „die Neubewertung durch die Berlinerinnen und Berliner“.

Aufgrund des akuten Wohnungsmangels in Berlin müsse man „alle Instrumente nutzen“, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, in seiner Rede im Abgeordnetenhaus. Dazu gehören der Dachgeschossausbau, die Verdichtung, die Entwicklung neuer Quartiere, die Erleichterung des Bauens und eben eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes.

Auch der SPD-Politiker Mathias Schulz verwies auf die Entwicklungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt in den vergangenen zehn Jahren. „Wenn sich die Verhältnisse ändern, dann müssen Gesetze, ob sie über einen Volksentscheid oder im Parlament entstanden sind, auch reformiert werden können.“

Konkret plant die Koalition einen sogenannten Bürgerdialog. 250 zufällig ausgewählte Berlinerinnen und Berliner sollen sich dabei über das „Wie“ einer möglichen Randbebauung austauschen. Parallel dazu soll es einen internationalen Ideenwettbewerb geben. Beides soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein.

Die Linke-Abgeordnete Katalin Gennburg nannte das Vorgehen „eine echte Frechheit“. CDU und SPD wollten eine Bebauung im Eilverfahren ohne echte Bürgerbeteiligung durchzusetzen. „Wir sagen dem ganz klar den Kampf an.“ Wer den Volksentscheid derart missachte, habe ein Demokratieproblem.

Grünen-Politiker Schwarze: „Berlin hat kein Flächenproblem“

Grüne und Linke argumentieren unter anderem, dass es das Tempelhofer Feld nicht braucht, um ausreichend Bauland bereit zustellen. „Berlin hat kein Flächenproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, sagte Grünen-Politiker Schwarze. „Das Tempelhofer Feld ist als Bauland gar nicht notwendig.“

Schwarze verwies auf einen Entwurf des „Stadtentwicklungsplan Wohnen“, der aktuell vom Senat erarbeitet wird. Aus diesem geht hervor, dass Berlin Flächenpotenziale zum Neubau von 249.000 Wohnungen sieht – ohne das Tempelhofer Feld. Allerdings geht aus dem Entwurf ebenfalls hervor, dass der Senat bis 2040 einen Neubaubedarf von 272.000 Wohnungen sieht.

Offen ist nach wie vor, wie es am Ende zu einer „Neubewertung der Berlinerinnen und Berliner“ kommen soll. Ein Volksentscheid von oben ist in der Berliner Verfassung nicht vorgesehen. In der Koalition kursieren seit längerem Ideen zu einer rechtlich nicht bindenden Volksbefragung.

„Berlin fehlt es nach wie vor an Instrumenten, um erneut zu einer Abstimmung zu kommen, wenn das Abgeordnetenhaus ein Volksentscheid-Gesetz ändert“, sagte Oliver Wiedmann, Sprecher des Berliner Landesverbands vom Verein „Mehr Demokratie“, der Deutschen-Presse-Agentur. Für möglich hält der Verein die Einführung eines fakultativen Referendums wie in Hamburg, mit dem in einem verkürzten Verfahren erneut ein Volksentscheid eingeleitet werden könne, wenn ein Parlament ein durch Volksentscheid entstandenes Gesetz ändert. (mit dpa)

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