
© dpa/Bernd von Jutrczenka
Zum Piano-Solo singen die Vögel: Das Festival Classic Open Air lockt mit Musik-Stars
Anna Netrebko, Joja Wendt und Gregory Porter gehören zu den Stars der Konzertreihe, die nach der Restaurierung des Gendarmenmarkts wieder stattfindet.
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Vögel mögen Musikstücke in F-Dur. Der Pianist Joja Wendt weiß das aus Erfahrung: „Dann wird gezwitschert, bis der Arzt kommt.“ Das macht ihm nichts aus, sonst wäre er im Laufe der Jahre nicht schon um die zehn Mal beim Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt aufgetreten.
Das Licht, der freie Himmel und das offene Ambiente ersetzen ihm die Stille des Konzertsaals. Vom 17. bis zum 21. Juli wird Berlins schönster Platz, wie es oft heißt, musikalisch auf Temperatur gebracht.
Mit Ouvertüren des Konzerthausorchesters unter der Leitung von Joana Mallwitz wird das Festival am 17. Juli eröffnet. Vor dem traditionellen Eröffnungsfeuerwerk wird die warme Jahreszeit unter anderem mit der Ouvertüre von Felix Mendelssohn Bartholdys „Ein Sommernachtstraum“ gefeiert.
Fototermin mit Joana Mallwitz
Bei der Vorstellung des Programms präsentierte sich nach einem Fototermin mit Chefdirigentin Joana Mallwitz auf der großen Freitreppe das neue Veranstalter-Team. Mit dabei ist als Gesellschafter und Partner immer noch Mario Hempel mit seiner 30-jährigen Erfahrung.
Die Leitung hat er – nach dreieinhalb Jahren – an die DEAG, an Peter Schwenkow und sein Team abgegeben, vertreten durch die Geschäftsführerinnen von Classic Open Air Jacqueline Zich und Sabine Schiller. Hempel weiß aus langjähriger Pionierarbeit, wie wichtig es ist, dass die Preise nicht zu hoch sind, sodass sich auf diesem Platz Ost und West über die Jahre immer wieder finden konnten in der Musik.
Klassik tut hier nicht weh.
Mario Hempel, Partner & Gesellschafter von Classic Open Air
Rund 6000 Plätze wird es geben, wenn die neuntägige Aufbauarbeit geschafft ist. Tatsächlich werden aber mehr Zuhörer erwartet. Die Anlieger geben bei weit geöffneten Fenstern aus diesem Anlass gern Champagner-Partys in ihren Wohnungen. Und ringsum lassen sich erfahrungsgemäß rund 1000 Zaungäste zum Picknick nieder. Die Vögel nicht mitgerechnet.
Dass die Menschen so zugewandt seien, hat den passionierten Veranstalter Hempel immer motiviert. Die Leute hätten gemerkt: „Klassik tut hier nicht weh“, sagt er. Jedenfalls trifft das zu, wenn man nicht gerade als Lautstärkenbeauftragter mit Messgerät hinter der Bühne steht, wie Joja Wendt in Anekdotenlaune berichtet.
Dolce Vita mit Giovanni Zarrella
Für 70 Prozent der Menschen, die zum Open Air kamen, sei das ein Einstiegserlebnis in Theater- und Opernbesuche gewesen, erzählt Hempel stolz. Und fügt hinzu, dass man früher die Gullideckel habe abkleben müssen. Nach der Renovierung wird das nicht mehr nötig sein.
Es bleibt dabei, dass man mit dem Programm eine große Bandbreite der Musik-Geschmäcker ansprechen will. Die Mischung von U- und E-Musik – also von ernster und Unterhaltungsmusik – gehört seit Langem zum Erfolgskonzept. Am 18. Juli soll Giovanni Zarrella mit einer „Italienischen Sommernacht – Versione Classica“ Dolce-Vita-Feeling verbreiten.
„Saturday Night – Joja Wendt & Gäste“, heißt es am 19. Juli, wenn der Pianist mit dem Geigenvirtuosen Nigel Kennedy, dem Pop- Sänger Sasha, dem Jazz-Violinisten Ben Holder, dem Gitarristen Giovanni Weiß und dem Entertainer Tom Gaebel ein musikalisches Feuerwerk der Stile zündet.
Gregory Porter kommt mit Band
Am 20. Juli folgen der zweifache Grammy-Preisträger Gregory Porter und seine Band. Der Berliner Jazzkünstler Atrin Madani eröffnet den Abend. Zum großen Finale setzt am 21. Juli Anna Netrebko gemeinsam mit dem Tenor Yusif Eyvazov an. Ihr Verdi-Programm wird Arien und Duette unter anderem aus den Opern Nabucco, Rigoletto und Aida enthalten. Karten für diesen Abend kosten zwischen 73 und 234 Euro.
Angesichts der gigantischen Preisentwicklungen beim Bühnenaufbau, der inzwischen doppelt so viel koste wie vor der Pandemie, entspreche diese Preisgestaltung auch dem alten Motto, dass man Leute, die wenig Geld haben, vom hohen Kunstgenuss nicht ausschließen wolle, hieß es seitens der Veranstalter.
Gut über die Hälfte der Plätze sei schon ausverkauft, berichteten die neuen Geschäftsführerinnen zufrieden. Der Platz sei so ruhig und habe eine gute Akustik, schwärmt Hempel: „Keine Ahnung, wie die alten Baumeister das gemacht haben.“ Und dass das Publikum wetterfest ist, haben die Jahre gezeigt. Das treffe auch auf Joana Mallwitz zu, erzählt Konzerthaus-Direktorin Janina Paul. Sie habe schon viel Open-Air-Erfahrung in ihrer Nürnberger Zeit gesammelt.
Im Detail steht das Programm noch nicht fest. Joja Wendt überlegt allerdings, „Das Regenlied“ aufzuführen. Nicht, weil es vielleicht gegen schlechtes Wetter hilft. Das Publikum hier ist immer auf alles vorbereitet. Es macht ihm offensichtlich Spaß, wie die Zuhörer seine Kunst ergänzen, indem sie Nieselregen imitieren – oder das Pladdern eines Wolkengusses.
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