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Berlin: Zurück in die fremde Heimat

Die kurdische Familie Aydin soll nach 17 Jahren abgeschoben werden Senator Körting entschied gegen die Empfehlung der Härtefallkommission

Gülbahar kann kein Türkisch und auch nur schlecht Kurdisch. Zu Hause in Friedrichshain spricht sie mit ihren Geschwistern meistens Deutsch. Demnächst soll die siebenjährige Grundschülerin trotzdem irgendwo im kurdischen Teil der Türkei zur Schule gehen, in einer ihr fremden Sprache schreiben und sprechen. „Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie wir da leben sollen“, sagt ihre große Schwester Ayse Aydin. Sie ist 13 und Klassensprecherin an der Eberhard-Klein-Schule in Kreuzberg. Als ihre Familie aus dem kleinen kurdischen Ort Mardin nach Berlin kam, waren die Schwestern noch nicht geboren.

Wenn sie Pech haben, werden sie die Heimat ihrer Eltern bald besser kennen lernen, als es ihnen lieb ist. Denn am Mittwoch läuft die Duldung für das Ehepaar Feyaz und Cemile Aydin und sieben ihrer elf Kinder aus. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) entschied, dass das Ehepaar Aydin mit vier Kindern ausreisen soll: mit Gülbahar, Ayse, dem 14-jährigen Ahmed und dem 21-jährigen Mehmed. Drei Töchter im Alter von 15, 17 und 19 dürfen noch bis zu ihrem Schulabschluss bei Gastfamilien in Berlin wohnen. Vier inzwischen verheiratete Kinder haben einen anderen Aufenthaltsstatus und können deshalb in Berlin bleiben.

Die Familie soll getrennt werden, obwohl sich die Härtefallkommission einstimmig für die Aydins eingesetzt hat. Dass Feyaz Aydin bei der Einreise nach Deutschland vor 17 Jahren einen falschen Namen und ein falsches Herkunftsland angegeben hatte, hielt die Kommission nicht für ein Hindernis. „Das ist sehr lange her. Viel wichtiger ist der Gesamteindruck einer hervorragend integrierten, gesetzestreuen Familie“, sagt Pater Klaus Mertes, der in der Kommission für diesen Fall zuständig ist. Vor allem sei ihm positiv aufgefallen, wie intensiv sich die Eltern um die Integration und die Schulausbildung ihrer Kinder kümmern. „Wenn die Aydins zurück in die Türkei müssen, werden die Kinder entwurzelt – sie wären dann in einem fremden Land ohne Bezugspunkte“.

„Ich hoffe noch immer, dass Körting einen Rückzieher macht“, sagt Svenja Pelzel, Elternvertreterin von Gülbahars Klasse an der Thalia-Grundschule. Gemeinsam mit vielen anderen Eltern, Schülern und Lehrern versucht sie, die drohende Abschiebung zu verhindern. Dafür haben sie Innensenator Körting genaue Vorschläge mitgeschickt, wie sich die Familie finanzieren könnte, ohne dem Staat zur Last zu fallen. Der Vater habe beispielsweise eine schriftliche Bestätigung von einer Speditionsfirma, dass er dort als Fernfahrer arbeiten könne. Auch die Mutter und drei Kinder haben Zusagen für Jobs. Bis jetzt konnten sie wegen ihres ungeklärten Aufenthaltsstatus’ nicht regulär arbeiten, der Vater und zwei Söhne leisteten aber gemeinnützige Arbeit und bemühten sich immer wieder um eine Arbeitserlaubnis.

Körting wolle den Fall nicht kommentieren, sagte ein Sprecher des Senators dem Tagesspiegel. Wenn er sich gegen eine Empfehlung der Kommission entscheidet, muss er das nicht begründen.

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