
© Lukasz Lawicki
Zwischen Krieg, Klassismus und Social Media: 46. Theatertreffen der Jugend
Beim Berliner Festival zeigen Inszenierungen aus ganz Deutschland, was junge Menschen heute bewegt. Auch Berlin und Cottbus sind vertreten. Am Freitag geht es los – wir sagen, was sich lohnt.
Stand:
Wenn der Vater ein begnadeter Baumeister und Erfinder ist, hat das auch Folgen für den Sohn: Bei Ikarus etwa, dass er mit ihm von König Minos eingesperrt wird, aus Angst vor ausgeplauderten Geheimnissen.
Was dann in der Sage passiert, ist bekannt: Daedalus tüftelt weiter und erfindet die Flügel aus Federn und Wachs, mit denen sein Sohn trotz Warnung zu hoch in den Himmel steigt – und abstürzt.
16 junge Erwachsene haben gemeinsam mit dem Oldenburgischen Staatstheater „Flügelschläge“ (Foto) daraus gemacht. Viele der Schauspielerinnen und Schauspieler stehen zum ersten Mal auf der Bühne, einige lernen erst seit Kurzem Deutsch. Ausgehend von den zwei berühmten Figuren erzählen sie in dem Theaterstück ihre eigene Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden (Di, 3.6. um 20 Uhr).
Das Stück ist nach einer bundesweiten Ausschreibung als eine von acht Produktionen für die 46. Ausgabe des Festivals ausgewählt worden. Seit 1979 zeichnet es bemerkenswerte Arbeiten junger Theatermacher aus – und zeigt jedes Jahr die unterschiedlichsten Kontexte, in denen junge Theaterkunst entsteht.
Und das auf großer Bühne im Haus der Berliner Festspiele, gleich nachdem die Erwachsenen fort sind, die sich beim Berliner Theatertreffen ebendort getroffen hatten. Partys und Konzerte gibt es natürlich auch.
Durch die Performances und Theatercollagen zieht sich: Angst und Überforderung. Angst vor dem System, in dem wir leben, Angst vor Krieg, Armut, Angst vor Katastrophen und den Auswirkungen Sozialer Medien.
Das Jugendensemble 24 der Jugendtheaterwerkstatt Spandau stellt das am sichtbarsten aus: Ihr „Project Fear“ ist eine emotionale Achterbahnfahrt durch die ganz persönlichen Ängste, die die Jugendlichen in einem Jahr untersucht haben (Fr, 30.5. um 20.15 Uhr). Aber auch um Chancengleichheit, Erwachsenwerden, Migrationsgeschichten geht es.
„Global Player“ des Theater des Bellevue di Monaco etwa stellt Geflüchteten globale Wirtschaftsakteure gegenüber (Sa, 31.5. um 20 Uhr).
Wie in „Flügelschläge“ sind bestehende Stoffe den Positionen der Jugendlichen oft Bezugsrahmen: „Nur die Freiheit?“ erzählt frei nach Schillers „Die Räuber“ von persönlichen Erfahrungen wie Klassismus, Gender und Identität (So, 1.6. um 20.35 Uhr).
„My Body is a Cage“ vom Leistungszentrum Schwarzer Kasten (Hessen) hat Goethes „Faust“ auseinandergenommen, um zu eigenen Schlüssen zu kommen, was Bildung heute bedeutet (Mo, 2.6. um 20 Uhr).
In „Maschallah“ haben sich junge Menschen aus Weimar mit dem Deutschen Nationaltheater und der Staatskapelle Weimar Mascha Kalékos Lyrik vorgenommen und als Folie über eigene biografische Migrations- und Kriegserfahrungen gelegt (Do, 5.6. um 20 Uhr).
Der Cottbuser Piccolo Theater Jugendklubdann kommt zu dem Schluss, dass Frieden nichts ist, was einfach entsteht, sondern etwas, das Menschen tun (Mi, 4.6. um 20 Uhr). Was aber Frieden im „Dazwischen“ der Gesellschaft bedeutet, finden sie in Texten von Brecht bis Borchert – und den eigenen.
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