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266.000 Fälle im Jahr 2024: Polizei verzeichnet erneut mehr häusliche Gewalt – Opfer vor allem Frauen
Wie aus dem aktuellen BKA-Lagebild hervorgeht, stieg die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr um fast vier Prozent. Und die Dunkelziffer dürfte hoch sein. 308 Frauen wurden getötet.
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Körperverletzung, Stalking, Tötung: Fälle häuslicher Gewalt haben im vergangenen Jahr erneut zugenommen. Wie aus dem am Freitag vorgestellten Lagebild des Bundeskriminalamts hervorgeht, gab es 2024 fast 266.000 Opfer häuslicher Gewalt. Das waren rund 10.000 oder 3,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 308 Frauen und Mädchen wurden gewaltsam getötet, 191 davon durch Partner, Ex-Partner oder andere Familienmitglieder.
Die Zahlen wurden in Berlin von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) und dem Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, vorgelegt und beruhen auf der polizeilichen Kriminalstatistik.
Dobrindt sagte, zum überwiegenden Teil gehe es dabei um Partnerschaftsgewalt. Opfer seien vor allem Frauen. Von häuslicher Gewalt insgesamt waren Mädchen und Frauen im vergangenen Jahr mit 70,4 Prozent erneut deutlich häufiger betroffen als Jungen und Männer mit entsprechend 29,4 Prozent, wie das BKA ausführte. Umgekehrt waren Tatverdächtige von häuslicher Gewalt im vergangenen Jahr zu 75,6 Prozent männlich und zu 24,4 Prozent weiblich.
Von Partnerschaftsgewalt sind mit einem Anteil von 79,3 Prozent weibliche Opfer deutlich häufiger betroffen als männliche, die Anzahl der Opfer stieg insgesamt im Jahresvergleich um 2,1 Prozent.
Starker Anstieg bei digitaler Gewalt gegen Frauen
Anstiege verzeichnet auch das Lagebild zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten. Demnach wurden 2024 mehr Sexualstraftaten sowie Fälle von Menschenhandel und digitaler Gewalt gezählt.
- 53.451 Frauen wurden Opfer von Sexualstraftaten (+2,1 Prozent), fast die Hälfte aller Opfer war unter 18 Jahren alt
- 187.128 Frauen wurden Opfer häuslicher Gewalt (+3,5)
- 18.224 Frauen wurden Opfer von digitaler Gewalt, wie Nötigung, Bedrohung oder Stalking (+6)
- 593 Frauen wurden Opfer von Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung (+0,3)
Zu den 308 Tötungsdelikten sagte Prien, der Rückgang an dieser Stelle (2023: 340) sei kein Grund, sich zurückzulehnen. Die Zahlen insgesamt bedeuteten, dass durchschnittlich pro Stunde 15 Frauen Opfer von partnerschaftlicher Gewalt würden, sagte sie.
Die Zahl der 2023 bei Gewaltdelikten getöteten Frauen war bisher öffentlich mit 360 angegeben worden. Im aktuellen Bundeslagebild wird eine neue Zahl von 340 genannt. Grund ist eine neue Erfassungsmethode.
2024 wurden insgesamt 859 Frauen und Mädchen Opfer versuchter und vollendeter Tötungsdelikte (2023: 938). Bei 68 Prozent der Opfer (587) waren die Tatverdächtigen Partner, Ex-Partner, Familienmitglieder, Freunde oder Menschen, die sie kannten.
Dobrindt und Prien kündigen Konsequenzen an
Das BKA betrachtet zum einen innerfamiliäre Gewalt: Hier sind die Opfer häufig die Kinder der Tatverdächtigen, der Anteil betrug im vergangenen Jahr 36,7 Prozent. Vor allem Sechs- bis 14-Jährige sind betroffen. Dahinter folgen Eltern, Geschwister und andere Angehörige.
Dobrindt und Prien kündigten Konsequenzen aus den Zahlen an. Die Politik tue nicht genug für den Schutz von Frauen, sagte Dobrindt. Die Bundesregierung hatte in dieser Woche Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, die unter anderem durch für Gewalttäter verpflichtende Fußfesseln Frauen vor Übergriffen schützen sollen. Man wolle aber auch darüber hinaus noch Maßnahmen ergreifen, sagten Dobrindt und Prien.
Den Anstieg beim Ausmaß der häuslichen Gewalt erklärte das BKA zum einen mit einem tatsächlich gestiegenen Kriminalitätsaufkommen – bedingt unter anderem durch steigende belastende Faktoren wie Arbeitslosigkeit und Wohnraumengpässe.
Zum anderen dürfte durch Kampagnen und den Ausbau von Unterstützung auch ein verändertes Anzeigeverhalten eine Rolle spielen. Gleichwohl bleibe die Dunkelziffer bei häuslicher Gewalt hoch, warnte das BKA. (mit AFP, dpa, epd)
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