zum Hauptinhalt
Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller.

© dpa

Karl-Heinz Müller im Interview: Bread-&-Butter-Chef: "Anziehungskraft Berlins hat nachgelassen"

Der Berliner Pionier des Messegeschäfts dreht Berlin den Rücken zu - jedenfalls teilweise. Ist die Hauptstadt nicht mehr sexy für die Modemesse? "Sexy ist schön, aber es genügt nicht", meint Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller im Interview.

Vor fünf Jahren haben Sie einen Vertrag mit Berlin für 10 Jahre unterschrieben – wieso wollen Sie sich jetzt vorzeitig zumindest teilweise aus Berlin zurückziehen?
Vor fünf Jahren habe ich eine kaufmännische Entscheidung getroffen. Ich habe einen Zehn-Jahresvertrag mit Tempelhof unterschrieben. Aus Marketingsicht konnte ich mir seinerzeit vorstellen von Berlin aus sämtliche europäischen Märkte zu erreichen. Nach unserer elften Veranstaltung stelle ich fest, dass die Anziehungskraft Berlins für den internationalen Besucher erheblich nachgelassen hat, obwohl immer mehr Veranstaltungen hier stattfinden. Das ist der Grund für meine Entscheidung.

Bringen Sie damit nicht das Gefüge der Modewochen in Berlin durcheinander, weil dadurch zur Fashion Week weniger Leute kommen?
Nur in meiner eigenen Firma kann ich Entscheidungen treffen, die dem Wohle meiner Firma dienen. Auf die Entwicklung der Berliner Fashion Week mit mehr als einem Dutzend Veranstaltungen habe ich keinen Einfluss. 

Wie sehen Ihre Aussteller die Veränderung?
Die Branche reagiert durchaus positiv. Viele sind froh, dass etwas Neues passiert. Andere wiederum wollen an alten Zöpfen festhalten. Das war immer schon so und es wird immer so sein.

Ist der Teilrückzug der Anfang von einer kompletten Abkehr von Berlin?
Die Bread & Butter war der Pionier für eine Modemesse in Berlin. Viele haben anfangs nicht an Berlin geglaubt. So lange die Branche gerne nach Berlin kommen möchte, wird es auch hier eine Bread & Butter geben. Wenn dies wider Erwarten nicht mehr geschehen sollte, muss ich reagieren. Das ist doch selbstverständlich.

Ist Berlin nicht mehr sexy?
Sexy ist schön, aber es genügt nicht. Bread & Butter ist die führende Fachmesse für Street – und Urban Wear in Europa. Dafür brauchen wir die geeigneten Rahmenbedingungen.

Sie begründen Ihre Orientierung Richtung Seoul damit, dass die Stadt jung und hungrig sei – und die Bread & Butter haben wolle. Ist das in Berlin nicht mehr der Fall?
Seoul hat mit Berlin nicht das Geringste zu tun. Wir wollen unsere Aktivitäten in den Zukunftsmärkten in Asien ausweiten. In Asien ist Seoul auf Grund der genannten Gründe ideal. Von Berlin aus liegt der Fokus hauptsächlich auf Europa.

Wieweit hat Ihr Rückzug auch mit fehlender Unterstützung Berlins zu tun?
Wir ziehen uns aus Berlin nicht zurück. Zumindest nicht auf absehbare Zeit. Wir haben ein neues Konzept entwickelt in dem wir mit zwei rollierenden Standorten in Europa – Barcelona und Berlin – Europa abdecken wollen. Im September 2015 findet unsere Veranstaltung in Seoul statt. Wir wollen damit europäischen Marken den Zugang zum asiatischen Markt ermöglichen. Auf Sicht werden wir auch auf dem amerikanischen Kontinent eine Bread & Butter etablieren. Damit hätten wie so etwas wie den „Fashion Tradeshow Grand Slam“.

Wieviel Unterstützung hat die Bread & Butter in Berlin seit ihrem Start 2003 erhalten, von direkten Zuschüssen über eine Überlassung der Tempelhof-Gebäudes bis zu sonstigen Unterstützungsleistungen?
Bevor irgendeine Veranstaltung auf dem ehemaligen Flughafen Gebäude Berlin-Tempelhof stattfinden konnte, mussten Sanierungen durchgeführt werden. Diese wurden teilweise von Berlin getragen, aber auch wir haben in Millionenhöhe investiert die auch anderen Veranstaltern zu Gute kommen. Schließlich findet auf dem Gelände nicht nur die Bread & Butter statt. Weitere finanzielle Unterstützungen hat es nicht gegeben und wurden von mir auch nicht angefordert. 

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Karl-Heinz Müller zu den USA-Plänen und der Weiterentwicklung der Bread & Butter sagt.

Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller.
Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller.

© dpa

Sieht der Vertrag nicht zwei Modeevents pro Jahr vor – was kommt dann statt der Bread & Butter?
Es wird künftig nur noch eine Bread & Butter pro Jahr auf dem Tempelhof stattfinden. Wir kennen unseren Vertrag und werden den daraus resultierenden Verpflichtungen nachkommen.

Gibt es für Barcelona und Seoul langfristige Verträge? Bis wann?
In Seoul und Barcelona ist man zunächst einmal froh mit unserer kommenden Veranstaltung. Man legt uns hier nicht durch Verträge in Ketten, sondern man gewährt uns Optionen. Mit dieser Regelung fühle ich mich sehr wohl.

Sie haben sich jetzt bis 2015 festgelegt und gesagt, was 2016 passiert, sei offen. Kann es sein, dass Berlin dann gar keine Rolle mehr spielt?
Der Markt in der Textilbranche entwickelt sich rasant. Dieser Entwicklung müssen wir genügen, wenn wir erfolgreich sein wollen. Deshalb ist es unmöglich sich über Jahre festzulegen.

Als sie zum ersten Mal 2005 nach Barcelona gingen, hieß es, sie machen das parallel zu Berlin – dann gab es in Berlin doch eine mehrjährige Pause, weil Sie sagten der Markt gebe das nicht her. Ist das jetzt auch ein denkbares Szenario?
Wie gesagt, wir müssen uns nach dem Markt richten. Was in einigen Jahren passiert kann ich nicht vorhersagen. Es wird sicherlich keine „Nibelungentreue“ zu irgendeinem Standort geben, wenn das wirtschaftliche Umfeld nicht mehr passt.

Sie sagen, das alte Messekonzept trägt nicht mehr – muss man nicht mehr ändern als nur den Standort der Bread & Butter?
In diesen Tagen geht die 31. Bread & Butter zu Ende. Wir haben immer an der Weiterentwicklung der Bread & Butter gearbeitet. Das wird auch zukünftig so bleiben. Der Markt ist internationaler geworden – die Branche braucht eine große internationale Plattform wo die einzelnen Sparten umfassend präsentiert werden. Es muss sich für den Einkäufer und die Marken lohnen das entsprechende Investment zu tätigen. Alles andere ist Romantik.

Welche Planungen gibt es zu den USA?
Ich habe mit keinem Wort die USA erwähnt. Das ist Ihre Spekulation.

Soll die Messe in Seoul eins zu eins eine Abbildung der Berliner Bread & Butter sein, oder werden dort mehr asiatische Marken gezeigt – sprich: Lohnt es sich auch für europäische Fachbesucher, dort hinzufahren?
Selbstverständlich wird auch in Seoul die Handschrift der Bread & Butter sichtbar sein. Und selbstverständlich werden auch asiatische, vornehmlich japanische und koreanische Marken und Label, gezeigt. Aber selbstverständlich werden auch Marken aus der ganzen Welt diese neue Plattform nutzen. Ich gehe davon aus, dass Einkäufer mit einem entsprechenden Sortiment auch nach Seoul kommen werden.

Das Gespräch führten Grit Thönnissen und Lars von Törne.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false