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Kilian Kerner in der Mitte seines Teams.

© Getty Images

Fashion Week in Berlin: Eskapismus und Drama

Die Fashion Week kommt am Krieg nicht vorbei.

Schon bevor man am Montag ein Kleidungsstück zu Gesicht bekommt, wird einem die erste blau-gelbe Solidaritätsschleife in die Hand gedrückt. Es ist Fashion Week, aber einfach so Kleidung für den nächsten Herbst anzuschauen, wird in dieser Woche nicht möglich sein.

Vor der ersten Modenschau der finnischen Designerin Sofia Ilmonen gibt es eine Schweigeminute. Dann wird es sehr nachhaltig und sehr bunt. Die Finnin, die auf dem französischen Modefestival Hyères die Teilnahme an dieser Fashion Week gewann, zeigt Kleider, die mit Bändern gerafft, gebauscht und geknotet werden können und immer wieder ihre Gestalt verändern. So soll der Trägerin nie langweilig werden.

William Fan schichtet schöne Stoffe übereinander.

© Laura Schaeffer

Nachhaltigkeit ist nach der Ukraine das am meisten genannte Thema dieser Fashion Week, kaum ein Label, das nicht mit wenigstes einem Aspekt davon aufwarten kann. Besonders schön macht das Lucas Meyer-Leclère, er verwandelt alte Kleidung in neue Mode. Dazu benutzt er ein Chanel-Jäckchen und Spitze aus den 30er Jahren, schlitzt die Ärmel von Jacketts auf, verziert die Ränder, bemalt Stoffe. Erst in der vergangenen Saison zeigte er zum ersten Mal seine Kollektion, jetzt gehört er bereits zu den Hoffnungen der Berliner Modezukunft.

Kilian Kerner hat keine Minute überlegen müssen, ob er seine Modenschau abbläst: „Das ist ja keine Spaßveranstaltung“, sagt er. Er erzählt mit seiner Show das Märchen von der staubsaugenden Prinzessin und dem armen Boxer. Das garniert er mit einer Menge Produktplacment inklusive einem Staubsauger, der von einem Model über den Laufsteg getragen wird. Ganz am Schluss gibt es eine Botschaft, fast 100 Menschen sagen auf einer Videowand „Stop the war“, darunter Clueso, Jella Haase und Sabin Tambrea. Dann kommt das Team in schwarzen Hoodies mit der Aufschrift „Peace“ auf den Laufsteg. Weil er so viele Anfragen bekommt, beschließt Kilian Kerner später, die Hoodies für 69 Euro zu verkaufen und das Geld zu spenden

Am Donnerstag zeigte die Designerin Judith Bondy ihre Kollektion in der Platte.

© Annika Yanura

Schönen Eskapismus bietet William Fan im Hamburger Bahnhof. Mitten in der Rieckhalle ist ein langer Tisch aufgebaut, daran stehen Dutzende verschiedene Stühle, als würde hier eine Wohngemeinschaft feiern. Um den Tisch laufen die Models erst, bevor sie sich setzen.

Auch wenn sich die Fashion Week am Anfang sehr übersichtlich anfühlt, gibt es mehr Fülle als erwartet. Das liegt auch daran, dass neben dem offiziellen Schauenkalender viele Berliner Designer:innen zu Präsentationen und Modenschauen einladen. Was diese Fashion Week jedoch von vorne bis hinten bleibt, ist ein lokales Ereignis. Mit der Rückkehr der Messe Premium aus Frankfurt könnte sich das allerdings schon im nächsten Jahr wieder ändern.

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