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Von TISCH zu TISCH: Fischerkietz

Stubenküken mit Tomate und Avocadopüree

Die Suche in Brandenburg geht weiter, passend zur Jahreszeit. Was können die Kriterien sein? Niemand kann überall hinfahren. Ohne Internetrecherche geht also nichts mehr – sie hilft, die meisten Betriebe, die mir empfohlen werden oder sonst wie interessant scheinen, auszuschließen. Jedenfalls, wenn eine aktuelle Speisekarte drinsteht, eine an sich leichte Übung, die rätselhaft viele Restaurants aber nicht hinbekommen. Denn wenn dort ein kunterbuntes Sammelsurium vom Steak über Wokgemüse bis zur Soljanka angeboten wird, ist vollkommen klar, dass das nie was wird.

Ein besseres Kriterium sind: Namen. Wenn ein Küchenchef, bei dem ich mal gut gegessen habe, anderswo auftaucht, dann gehe ich hin. Das hat mich jetzt nach Strausberg geführt, in das entlegene Restaurant „Fischerkietz“, denn dort kocht Sebastian Marquardt, der mal Küchenchef in der Glienicker Remise war. Er steht für nix Spezielles, aber doch für eine handwerklich saubere, moderne Küche im üblichen Rahmen – von deutsch bis mediterran, nennen wir sie neo-bürgerlich.

Das Restaurant bietet einen schönen Blick über den Straussee einschließlich Terrasse, ist aber leider schrecklich eingerichtet, mit gigantischer, vollkommen sinnfreier Bar wie der Frühstücksraum im Holiday Inn. Was mag der Architekt von Beruf sein? Wenn Gäste ausbleiben sollten, dann genau deshalb, denn das Essen ist preisgünstig und gut. Sogar die brave Spargelcremesuppe für fünf Euro schmeckt und ist von leichter, schaumiger Konsistenz; für fantasiereichere Spargelzubereitungen reicht die Kreativität leider nicht.

Ambitionierter fand ich das in Speck gerollte, leicht angeräucherte Stubenküken, das lauwarm auf den Teller kam, begleitet von Tomatenchutney und Avocadopüree, eine runde, hübsch angerichtete Sache (12 Euro). Generell müssten mehr Vorspeisen auf der Karte stehen. Ja, höre ich, aber die wollen die Leute hier nicht. Nur kommen dann eben nicht die, die welche wollen, und die sind für die Zukunft des Betriebs sicher wichtiger.

Zufrieden war ich auch mit den Hauptgängen. Sehr schön das Lamm-Duo aus rosigem Rückenfilet und geschmorter Schulter mitsamt Bohnen, Artischocken und köstlicher Haselnusspolenta (15 Euro), fast genauso gut der frische, noch ganz leicht glasig gegarte Zander mit Kartoffelstrudel und Balsamico-Linsen – der Fisch selbst war leider, wie so oft, krass unterwürzt (14,50). Die Desserts für bescheidene 5 bis 6 Euro bleiben in diesem Rahmen: Das Apfelkompott mit Kakaocrumble und Kokosschaum, geschichtet im Glas, stimmte genau, die Crème brûlée von der Passionsfrucht mit Fertig-Eis schmeckte ein wenig konfektioniert, angesichts des Preises kein Beinbruch.

Ein paar anständige Weine runden das Bild ab. Der Service sollte den köstlichen „Von der Insel Secco“ von Schloss Reinhartshausen (3 Euro pro Glas) aber wohl doch bei Bestellung frisch öffnen, dann perlt er besser, und soo teuer ist das Zeug ja nicht. Eine gute Adresse für den Ausflug ist das also, obwohl der Küchenchef sicher noch mehr kann.

Ein anderer guter Bekannter, der draußen sein Glück versucht hat, war Jörg Wegner. Ich bin ihm kürzlich in die „Dependance“ des Hotels Esplanade in Bad Saarow (www.esplanade-resort.de) gefolgt, ohne zu wissen, dass er nach nur einem Monat hingeworfen hatte und längst wieder in seinem Charlottenburger Restaurant (www.restaurant-wegner.de) arbeitet. In Bad Saarow ist seine neue Speisekarte zurückgeblieben.

Leider kann die Mannschaft damit wenig anfangen. Es wird viel geschludert, und es kommen seltsame Produkte zum Gast wie die Jakobsmuscheln, die sich schon von weitem muffig ankündigten. Immerhin wurde uns anstandslos ein anderes Gericht geliefert, gute Auberginen-Gnocchi mit Tomatensauce, aber das Vertrauen war hin. Der Rest gelang dann bestenfalls passabel. Dorthin kehre ich erst zurück, wenn ein neuer Küchenchef mit möglichst bekanntem Namen mal ordentlich durchgefegt hat.

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