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Am Sonntag ist wieder eine Demonstration gegen die Auswüchse des Massentourismus auf Mallorca geplant.

© dpa/Zuma Press Wire/Sopa Images/Paco Freire

Gegen Massentourismus in Spanien: Bewohner auf Mallorca und anderen Inseln wollen wieder demonstrieren

Spanien lockt immer mehr ausländische Gäste an. Wirtschaftlich ist die Branche enorm wichtig, aber vielen Einheimischen reicht es. Der Widerstand wächst.

Stand:

Die Proteste auf Mallorca reißen nicht ab: Auf der bei Deutschen beliebtesten Ferieninsel wollen Einheimische am heutigen Sonntag wieder gegen die Auswüchse des Massentourismus demonstrieren. Zu dem Protest in der Inselhauptstadt Palma hat die Organisation „Weniger Tourismus, mehr Leben“ aufgerufen. Auch auf anderen Baleareninseln sind Kundgebungen geplant. Es ist bereits die dritte Demonstration dieser Art in diesem Jahr auf der Insel.

Zuletzt waren vor acht Wochen unter dem Motto „Sagen wir Basta!“ und „Mallorca steht nicht zum Verkauf!“ nach Polizeiangaben rund 10.000 Menschen in Palma auf die Straße gegangen. Die Organisatoren sprachen von 25.000 Teilnehmern. Auch in anderen spanischen Touristenmetropolen wie Barcelona und Málaga sowie auf den Kanaren regt sich der Unmut. 

Tourismus steht auf Mallorca für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung

Für Mallorca ist der Tourismus zwar überlebenswichtig. Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Und die Tourismusbranche warnt davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen. 

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Aber die Demonstranten klagen, dass nur eine Minderheit profitiert, während die große Mehrheit Jobs mit niedrigen Gehältern in der Tourismusbranche bekommt, die nicht reichen, um die immer teureren Wohnungen zu bezahlen. Zudem zerren Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Insulaner.

Grüne unterstützen Proteste auf Mallorca

Die deutschen Grünen halten die erneuten Proteste auf Mallorca gegen den dortigen Massentourismus für berechtigt. „Ich habe Verständnis, wenn sich die Bevölkerung dort zur Wehr setzt, wo sich durch Massentourismus Schäden einstellen“, sagte Matthias Gastel, Tourismus-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, der „Rheinischen Post“. „Wenn Wohnraummangel, Wasserknappheit und Müllberge die Folgen von Inseltourismus sind, der von Masse statt von Qualität geprägt ist, dann ist im Interesse von Mensch und Natur Handeln angesagt“, sagte Gastel weiter.

Der Grünen-Parlamentarier forderte, dass im Tourismus viel stärker auf Nachhaltigkeit geachtet werden müsse. „Dies umfasst die Umweltbelastungen bei der An- und Abreise ebenso wie vor Ort.“ Der wachsende Druck auf die Branche sei daher richtig. Es gehe darum, „hier zusammen mit der Politik Konzepte zu entwickeln“, sagte Gastel.

Urlauber auch aus Deutschland sichern Arbeitsplätze, sorgen für Steuereinnahmen, die wiederum in Investitionen in die Infrastruktur vor Ort fließen.

Anja Karliczek, tourismuspolitische Sprecherin der Unionsfraktion (CDU)

Die Union hingegen warnte davor, deutsche Urlauber zu verschrecken. Die tourismuspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Anja Karliczek (CDU), sagte dem Blatt: „Die Urlauber auch aus Deutschland sichern Arbeitsplätze, sorgen für Steuereinnahmen, die wiederum in Investitionen in die Infrastruktur vor Ort fließen.“ Der Tourismus sei daher ein „wichtiger Teil der Wirtschaftsleistung nicht nur auf Mallorca, sondern in vielen südeuropäischen Ländern“.

Karliczek zeigte zugleich Verständnis für den Protest: „Natürlich sorgt der Overtourismus auch für Probleme.“ So kritisierte sie einen Verdrängungswettbewerb auf dem Immobilienmarkt. „Das sorgt – nicht nur auf Mallorca, sondern auch bei uns – für Unmut in der Bevölkerung, die diese Preise nicht mehr bezahlen können.“

In der Mittelmeermetropole Barcelona forderten Anfang des Monats mehrere Tausend Demonstranten angesichts auch dort immer höherer Wohn- und Lebenshaltungskosten Beschränkungen für die Tourismusbranche. Gäste von Restaurants, die vor allem bei Urlaubern beliebt sind, wurden mit Wasserpistolen bespritzt. „Tourists go home. You are not welcome“ stand in Barcelona auf mitgeführten Plakaten. Oder: „Reduzierung des Tourismus jetzt!“. 

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Millionen ausländische Gäste werden 2024 in Spanien erwartet.

In den vergangenen Wochen und Monaten gab es solche Demos auch schon in Málaga und auf den Kanaren. Nicht allein die Wohnkosten, sondern auch die Umweltbelastung, Staus, allgemeine Überfüllung, Wassermangel sowie die Überlastung des Gesundheitssektors und der Abfallentsorgung durch immer mehr Besucher nervt viele Einheimische. 

Bis Ende Mai wurden schon 33,2 Millionen ausländische Touristen in dem Land mit knapp 48 Millionen Einwohnern gezählt. Schätzungen gehen davon aus, dass es bis zum Jahresende 91 Millionen Urlauber werden könnten, die rund 125 Milliarden Euro in die spanischen Kassen spülen werden.

Die Hochkonjunktur bei Tourismus beschert Spanien derzeit auch wesentlich bessere Wirtschaftsdaten als zum Beispiel Deutschland. (dpa)

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