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Kinder sind relativ wenig von Corona betroffen - sie können den Virus aber übertragen.

© dpa

Kolumne: der Kinderdok: Kaum gefährlich, aber gefährdet

Kinder erkranken vermutlich mit milderen Corona-Symptomen oder gar nicht, weil ihr Immunsystem viel unspezifischer reagiert als das von Erwachsenen.

Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und berichtet hier von seiner Arbeit in Pandemiezeiten.

Säuglinge und Kinder sind in der aktuellen Pandemie wenig betroffen. Darüber sind alle froh, die Eltern haben genug Sorgen um ihren Arbeitsplatz und wie sie Homestaying, Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut bringen sollen. Alles würde verdrängt von der Angst, dass die Kinder erkranken, gar ins Krankenhaus müssten.

Was sagen die Zahlen? In Ländern, die schon länger mit dem Virus kämpfen, finden sich naturgemäß mehr Erkrankte unter den Kleinen. Eine chinesische Studie untersuchte infizierte Schwangere. Sie fand in wenigen Fällen eine Infektion mit SARS-CoV-2 bei Neugeborenen. Man geht nicht davon aus, dass die Ansteckung über die Gebärmutter erfolgt, sondern durch den direkten Kontakt nach der Geburt. Glücklicherweise gab es keine Todesfälle. Die Kinder erkrankten, eines auch an einer Lungenentzündung, aber alle genasen nach Behandlung im Krankenhaus. Eine andere Studie bei mehr als 2000 Kindern in der Region Hubei fand bei über 90 Prozent einen milden Verlauf.

Vielleicht sind erwachsene Lungen mehr geschädigt

Ähnliches beobachtet man in Deutschland, auch wenn es nur wenige Zahlen gibt. Eine Umfrage der Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie ermittelte bei 21 teilnehmenden Kliniken bis Redaktionsschluss 33 stationäre Aufnahmen von Kindern, davon fünf Neugeborene, nur drei Kinder mussten auf der Intensivstation behandelt werden. Das Robert-Koch-Institut zählt bislang 768 gemeldet Infizierte unter fünf Jahren (0,7 Prozent der Gesamterkrankten) und 1948 zwischen fünf und 14 Jahren (2,8 Prozent).

Kinder erkranken vermutlich mit geringeren Symptomen oder gar nicht, weil ihr Immunsystem viel unspezifischer reagiert als das der Erwachsenen. Der kindliche Organismus muss immer auf neue Viren eingestellt sein, für ihn sind alle Viren neu. Er wehrt die Infektion daher in der Frühphase ab. Das erwachsene Immunsystem hat zwar viel gelernt und kann Viruskontakte erkennen und bekämpfen. Covid-19 kennt es jedoch noch nicht. Es braucht Zeit, um zu reagieren, was wiederum dem Virus Zeit gibt, sich in den tieferen Atemwegen auszubreiten, wo es den wirklichen Schaden anrichtet.

Das Typische der Coronainfektion ist die Lungenentzündung. Auch diese wird von Kinder deutlich besser abgewehrt als von Älteren. Vielleicht sind erwachsene Lungen über die Jahre mehr geschädigt. Wir wissen, dass Raucher eine Risikogruppe darstellen. Und: Es gibt bei den wenigen jungen Infizierten keinen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen, bei Männern und Frauen sehr wohl – zu Ungunsten der Männer, die häufiger an Vorerkrankungen wie Übergewicht, Diabetes oder Bluthochdruck leiden.

Schulen und Kitas weiter schließen!

Natürlich erkranken junge Menschen trotzdem. Deshalb beachten wir auch hier die Risikofaktoren: Kinder mit Herzerkrankungen oder Asthma, mit Stoffwechselerkrankungen oder Behinderungen erhalten einen Abstrich auf das neue Virus, wenn sie typische Symptome zeigen. Alle anderen dürfen #ZuhauseBleiben und sich dort auskurieren.

Bei den vermutlich hohen Zahlen an asymptomatischen Verläufen und ihren normalerweise vielfachen Sozialkontakten in Kitas und Schulen bleiben die Kleinen aber die Multispreader des Virus. Deshalb ist die Schließung der Betreuungseinrichtungen weiterhin ein entscheidender Faktor in der Prävention.

Kinderdok

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