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Priklopil (Thure Lindhardt) hält Natascha (Antonia Campbell-Hughes) acht Jahre lang in seiner Gewalt.

© ARD

Kampusch-Film in der ARD: 3096 Tage Gefangenschaft

Acht Jahre im Keller, acht Jahre ist ihre Flucht her. Jetzt kommt der Film „3096 Tage“ über den Entführungsfall Natascha Kampusch ins Fernsehen.

Geschwächt und abgemagert sitzt sie am Küchentisch. Als er wegsieht, greift sie nach dem Essen. Doch er bemerkt es, reißt es ihr aus den Händen, pult es ihr aus dem Mund. Dann sperrt er sie wieder ein – in ihrem fünf Quadratmeter engen Kellerloch. Die Szene stammt aus „3096 Tage“, dem Film, der die Geschichte von Natascha Kampusch (Antonia Campbell-Hughes) erzählt. Im Alter von zehn Jahren wird sie von Wolfgang Priklopil (Thure Lindhardt) auf dem Schulweg entführt. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr kann sie nicht entkommen.

Der Film verzichtet auf große Emotionalisierung

Regisseurin Sherry Hormann („Wüstenblume“) hat mit „3096 Tage“ Kampuschs autorisierte Biografie verfilmt. Ursprünglich bearbeitete das Drehbuch Bernd Eichinger, der allerdings vor dessen Fertigstellung starb. Autorin Ruth Toma und Journalist Peter Reichard schrieben es zu Ende. Im Februar des vergangenen Jahres kam das Drama in die Kinos. Jetzt strahlt die ARD den Film in ihrer Reihe „SommerKino“ aus.

Trotz der Dramatik bleibt „3096 Tage“ kühl und distanziert; der Film skandalisiert das Geschehene nicht. Es gab schließlich genug medialen Aufruhr um Natascha Kampusch, kein Grund, noch einen draufzusetzen. Szenen, die Kampuschs Vergewaltigungen andeuten, gibt es zwar – aber sie sind kurz, sie werden nicht ausgeschlachtet. Stattdessen fungieren sie als Puzzlestücke des gesamten physischen wie psychischen Missbrauchs.

Die nüchterne Erzählhaltung ermöglicht stattdessen den Blick auf die komplexe Beziehung zwischen Kampusch und ihrem Entführer. Einerseits rasiert Priklopil der jungen Frau sogar die Haare, um ihr auch die letzte Möglichkeit zur Selbstbestimmung zu nehmen. Andererseits sieht der Zuschauer die beiden im gemeinsamen Skiurlaub – eine der Freiheiten, die der Entführer seiner Gefangenen lässt. Postwendend folgt zwar ein Fluchtversuch, doch dieser scheitert: Auch in Freiheit ist Kampusch also gefangen. Zeitgleich wird die Situation im Keller immer angespannter, Priklopil zunehmend brutaler, Kampusch hilfloser. Erst nach acht Jahren gelingt ihr schließlich die Flucht. Priklopil begeht Selbstmord.

Sicherlich liefert Kampuschs schriftliche Biografie mehr detaillierte Antworten – zum Beispiel auf die Frage, warum sie nicht früher fliehen konnte. Dem Film kommt zugute, dass er das unglaubliche Schicksal visualisiert, ohne in einen Skandal oder in falsche Mitleidsbekundungen abzudriften.
„3096 Tage“, ARD, Mittwoch, um 22 Uhr 45

Lisa Fritsch

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