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Medien: Boßdorf, der Schattenmann

Ein

von Joachim Huber

Hagen Boßdorf darf nicht Sportchef des NDR werden. Er hatte Kontakte mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Nach der Aktenlage, wie sie sich aus den Unterlagen der Birthler-Behörde zum Inoffiziellen Mitarbeiter „Florian Werfer“ darstellt, war Boßdorf kein großer Täter, er war ein Täterlein, ein aktiver Mitmacher. Nach der Wende hat der Journalist Boßdorf schnell Karriere gemacht, erst beim ORB, dann als ARD-Sportkoordinator, jetzt stand der Sprung auf einen Chefsessel beim NDR an. Hagen Boßdorf aber gab es zweimal: als den kompetenten, fähigen Journalisten und als Mann mit Stasi-Vergangenheit. Jener war bekannt und geschätzt, dieser war unbekannt, ein Schattenmann. Wann immer der Schattenmann den öffentlichen Boßdorf einholte, gab der öffentliche Boßdorf ein wenig Selbstauskunft.

Boßdorf hat sich selbst als „IM“ weitergeführt: offiziell nichts zugeben, was nicht offiziell nachgewiesen werden konnte. Wer 13 Jahre lang in der ARD Karriere gemacht hat, der hat eine Menge an Vertrauen in seine Fähigkeiten aufgebaut. Der NDR-Verwaltungsrat hatte Kenntnis von seinen Stasi-Kontakten, der Vertrag wurde trotzdem geschlossen. Jetzt, da die kompletten Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen auf dem Tisch liegen, sagt der NDR nein. Boßdorf, der 41-jährige Schattenmann, nennt die Birthler-Behörde einen „Jagdverein gegen Ostdeutsche“. Boßdorf hat im neuen, im wiedervereinigten Deutschland, als Journalist der ARD sehr vieles richtig gemacht. Der ehemalige Ost-Bürger und Mann mit Stasi-Kontakten hat vieles falsch gemacht. Er hat geschwiegen, wo er hätte reden müssen. Er wollte und er will auch jetzt nicht einsehen, was die Gauck- und jetzt die Birthler-Behörde ist: der nachhaltige Versuch, ein Unrechtsregime aufzudecken, aufzuklären, aufzuarbeiten. Das bringt Täter und Opfer hervor: Boßdorf, kein Täter, ein Täterlein, ein aktiver Mitmacher. Das beschädigt den Journalisten und den Menschen Boßdorf – und macht ihn als Sportchef in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt unmöglich. Ein Sportchef ist ein Hierarch, er agiert auf der Leitungsebene, er ist eine Person, der seine Mitarbeiter unbedingt vertrauen können müssen. Hagen Boßdorf kann man nicht mehr vertrauen.

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